Viel Zeit hatten die Abgeordneten nicht: Der sechste war zugleich der letzte reguläre Befragungstag im COFAG-Untersuchungsausschuss. Am Donnerstag waren Ulrich Zafoschnig, Geschäftsführer der Covidfinanzierungsagentur (COFAG), sowie ein hochrangiger Beamter aus dem Finanzministerium geladen. Im Zentrum der Befragungen stand die Covidfinanzierungsagentur, über die Corona-Hilfen für Unternehmen abgewickelt wurden und die dem Ausschuss seinen Namen gibt.
Der am Vormittag geladene Beamte sitzt im Aufsichtsrat der COFAG. Er verteidigte die Entscheidung, Coronahilfen über eine ausgelagerte GmbH abzuwickeln, anstatt vorhandene Strukturen in der Finanzverwaltung zu nutzen. Es habe aus der zuständigen Sektion in der Finanzverwaltung „restriktive Signale“ gegeben, dass man die Förderungen bewältigen könne. „In der Vergangenheit hat es sich durchaus bewährt, dass ausgegliederte Einrichtungen wie die ABBAG unterstützend tätig werden“, sagte der Beamte. „Wer hat sich starkgemacht für eine ausgelagerte Form?“, fragte Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli. „Ich kann nicht sagen, wem das zuzuordnen ist“, antwortete die Auskunftsperson.
Schon 2020 Warnungen wegen fehlender Konzernbetrachtung
Die Verfahrensrichterin fragte, wie es zur „Mutter aller Missverständnisse“, nämlich der fehlenden Konzernbetrachtung bei der Auszahlung von Coronahilfen, gekommen sei. Konkret geht es darum, dass Konzerne, in denen jede Filiale formal als eigenes Unternehmen geführt wird, manche Förderungen zunächst auch für jede einzelne Filiale beantragen konnte. Da die Förderungen, um EU-Recht zu entsprechen, pro Unternehmen gedeckelt sind, brachte die fehlende Konzernbetrachtung Nachteile für Firmen, deren Filialen nicht als eigene Unternehmen organisiert sind. Damit kam es zu Überforderungen, die Regelung muss nun repariert werden. Eine Einigung auf eine entsprechende Richtlinie zwischen den Koalitionsparteien steht allerdings noch aus, wie am Mittwoch Finanzminister Brunner und Vizekanzler Kogler bestätigten.
Der Beamte erklärte, dass die EU-Kommission erste Coronahilfen auf Grundlage eines Artikels zum Schadenersatz wegen Naturkatastrophen genehmigt habe, später wurde in Brüssel ein eigener zeitlich befristeter Beihilfenrahmen auf Basis eines anderen Artikels, nämlich der schweren Störung im Wirtschaftsleben, ausgearbeitet, der deutlich niedrigere Grenzen vorgegeben hat. Dabei ist es offenbar zu Fehleinschätzungen von österreichischer Seite gekommen. SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer legte ein Dokument vor, in dem eine Anwaltskanzlei schon 2020 warnte, dass die fehlende Konzernbetrachtung aus Sicht der EU-Kommission zum „Stolperstein“ werden könnte, da je nach Konzernstruktur die Höhe der Förderungen völlig unterschiedlich ausfallen könnte. Dennoch habe man sich entschieden, auf eine Konzernbetrachtung zu verzichten, man sei nicht davon ausgegangen, dass es Missbrauch geben könnte, gab der Beamte an.
Zafoschnig war früher Kärntner Landesrat
Neos-Fraktionsführer Shetty hatte in der Vergangenheit auch kritisiert, dass die COFAG-Geschäftsführung zwischen ÖVP und Grünen aufgeteilt worden sei: So werden Zafoschnig und sein Vorgänger Bernhard Perner der ÖVP zugeordnet, Marc Schimpel entstammt dem Umfeld der Grünen. Zafoschnig bestätigte am frühen Nachmittag, dass er in die ÖVP eingetreten sei, als er 2018 Landesrat in Kärnten wurde. Ob seine Parteizugehörigkeit bei seiner Bestellung zum COFAG-Geschäftsführer eine Rolle gespielt habe, „kann ich nicht sagen, ich habe mich nicht selbst ausgewählt“, sagte Zafoschnig. Er habe ein Inserat gesehen und sich daraufhin für den Posten beworben, das Auswahlverfahren habe das Beratungsunternehmen Deloitte durchgeführt.
Shetty wollte wissen, ob Zafoschnig immer noch ÖVP-Mitglied sei. Dieser war sich nicht sicher, aus der Volkspartei ausgetreten sei er jedenfalls nicht. Als er für die Nationalratswahl 2017 kandidierte, sei er noch nicht Parteimitglied gewesen.
Finanzverwaltung wäre für Benko-Rückforderungen zuständig
Zu der Erstellung der Förderrichtlinien der COFAG habe er keine Wahrnehmungen, gab Zafoschnig an, damals sei noch sein Vorgänger Perner im Amt gewesen. Bevorzugungen einzelner Unternehmer habe es jedenfalls nicht gegeben, betonte Zafoschnig. Die FPÖ-Fraktion interessierte sich für Förderungen für ein Smoothie-Unternehmen, an dem ÖVP-Abgeordneter Andreas Ottenschläger zu rund zehn Prozent beteiligt sei, der gleichzeitig im Beirat der COFAG sitze. „Haben Sie Wahrnehmungen zu einem Interessenskonflikt?“, fragte der FPÖ-Abgeordnete Thomas Spalt. Zafoschnig verneinte.
Tomaselli fragte zu Förderungen, die Benko für das „Chalet N“ erhalten hat. Die Luxusimmobilie in Vorarlberg wurde formal als Hotel geführt und erhielt dementsprechend Corona-Hilfen. Allerdings sollen Benko und sein Umfeld das Chalet als privates Ferienhaus genutzt haben. Die COFAG-Förderungen würden nach Richtlinie ausbezahlt, wiederholte Zafoschnig, offenbar habe der Antrag für das „Chalet N“ diesen entsprochen. Für eine etwaige Rückförderung und ein entsprechendes Gutachten wäre nicht die COFAG, sondern die Finanzverwaltung zuständig, erklärte der Geschäftsführer. In bestimmten Steuerprüfungsfällen werde mitgeprüft, ob die Angaben in Förderanträgen korrekt gewesen seien. Die COFAG sei nicht berechtigt, „irgendwelchen Vorwürfen nachzugehen“.
FPÖ kündigt weitere Ladungen an
Seit Beginn der Befragungen im März versuchen die Abgeordneten, René Benko selbst zu einer Aussage zu bewegen, mehrmals ließ er sich bereits entschuldigen. Nachdem Benko am Mittwoch wegen eines Gerichtstermins in Innsbruck verhindert war, lud ihn die SPÖ für Donnerstag erneut, Benko blieb dem Parlament abermals fern. Stattdessen sagte er über seinen Anwalt für einen Ersatzbefragungstag im Mai zu, der eigentlich für etwaige behördliche Vorführungen reserviert ist. Trotzdem beschlossen die Fraktionen am Donnerstag einstimmig, die behördliche Vorführung Benkos für jenen Tag im Mai zu beantragen, auch eine weitere Beugestrafe wurde beantragt.