„Eine de-facto-Residenzpflicht in der Sozialhilfe lehnen wir ab“, erklärte Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) auf Anfrage der „Presse“. AMS-Vorstand Johannes Kopf hatte zuvor vorgeschlagen, die Länder könnten eine Vereinbarung schließen, die folgendes besagt: Nur jenes Bundesland, in dem während des Asylverfahrens der Wohnsitz lag, ist für die Mindestsicherung an Flüchtlinge zuständig. Würden sie dann beispielsweise von Tirol nach Wien ziehen, gäbe es dort kein Sozialgeld mehr. Die Flüchtlinge könnten keinen neuen Antrag stellen. Zu regeln wäre das laut Kopf über eine sogenannte 15a-Vereinbarung zwischen den Bundesländern.
Hintergrund der seit Monaten herrschenden Debatte um den Familiennachzug syrischer Kinder und Frauen ist eine Schieflage in der Verteilung – der größte Teil der Familien geht nach Wien. „Wien ist als Großstadt mit guter Infrastruktur und bestehenden Communitys für Zuwanderung besonders attraktiv. Es ist zudem eines der wenigen Bundesländer, die die von der schwarz-blauen Bundesregierung beschlossenen Verschlechterungen der Sozialhilfe teilweise nicht umgesetzt haben“, erklärte Rauch gegenüber der Presse. Statt einer „de-facto-Residenzpflicht“ müsse der Zugang zum Arbeitsmarkt verbessert und die Sozialhilfe bundesweit einheitlich geregelt werden.
Für eine Wohnsitzauflage oder Residenzpflicht, die anerkannte Flüchtlinge über einen längeren Zeitraum im ersten Bundesland halten soll, in dem sie Asyl bekamen, sind unter anderem die Neos, der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und – entgegen Parteilinie – der Präsident des Gemeindebundes, Johannes Pressl (ÖVP). Von der ÖVP selbst gab es bis zuletzt keine Stellungnahme zu dem Vorschlag.