Vergangene Woche wurde bekannt, dass der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz bei der Europa-Niederlassung des Wasserstoff-Konzerns aus Abu Dhabi „Masdar“ anheuerte. Kurz trat den Posten eines Direktors laut Firmenbuch Ende April 2022 an, also rund sechs Monate nach seinem Abtritt als Bundeskanzler. Die Eigentümer von Masdar sind der milliardenschwere Staatsfonds „Mubadala“ und der staatliche Ölkonzern von Abu Dhabi, „Adnoc“, der zugleich an der österreichischen OMV beteiligt ist.
Das wohlhabende Emirat Abu Dhabi will für alle Eventualitäten gerüstet sein und setzt verstärkt auf den klimafreundlichen Wasserstoff, berichtet die Tageszeitung „Der Standard“. Bis zu 25 Prozent des Weltverbrauchs will das Emirat bis 2030 zur Verfügung stellen. Für den Bereich Wasserstoff ist in den Emiraten vor allem „Masdar“ zuständig.
Die Zusammenarbeit dürfte in den Tagen von Kurz Kanzlerschaft wurzeln. Ende Juli 2021 unterzeichnete Kurz in Wien eine „strategische Partnerschaft“ zur „engeren Zusammenarbeit im Bereich Wasserstoff“. Wenige Monate später tritt Kurz als Kanzler zurück.
Viele offene Fragen
Bei einem Staatsbesuch wurde im März 2022 mit der „Wasserstoffallianz“ eine Basis für eine dauerhafte Zusammenarbeit geschaffen. Unterzeichnet wurde diese von Sultan Ahmed Al Jaber und der damaligen Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Warum gerade sie die Allianz unterzeichnete, sorgte für Verwunderung: Eigentlich hätte dies die Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) oder Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) tun sollen. Im Mai 2022 trat Köstinger von ihrem Posten als Ministerin zurück.
Ungewöhnlich dabei: Köstinger ist nicht die einzige aus Kurz Vertrautenkreis, die Verbindungen zu Abu Dhabi pflegt. Kurz ehemaliger Pressesprecher, Etienne Berchtold, wurde im August 2022 zum Österreichischen Botschafter in den Vereinigten Arabischen Emiraten ernannt. Auch diese Bestellung warf Fragen auf, da Berchtold keinerlei Erfahrung als Botschafter vorweisen konnte. Es wurde sogar ein Gutachten erstellt, in dem stand, es bestehe „kein Zweifel“, dass hier ein „parteipolitisches Motiv“ den Ausschlag gegeben habe. Bei Berchtolds Ernennung zum Botschafter war Kurz bereits bei „Masdar“ beschäftigt.
Pause nach Amtszeit
Immer wieder wird eine „Cooling Off“-Periode für Politikerinnen und Politiker gefordert. Diese Regel besagt üblicherweise, dass Entscheidungsträger oder Politiker nach dem Ausscheiden eines Amts, eine bestimmte Zeit warten müssen, bevor sie in bestimmten Bereichen arbeiten dürfen. Das bedeutet, dass sie nicht sofort zu Unternehmen wechseln können, die sie während ihrer Amtszeit beeinflusst haben könnten. So will man Interessenkonflikte vermeiden und sicherstellen, dass Politiker keine unangemessenen Vorteile aus ihrer früheren Position ziehen können.
Wie ernst es Abu Dhabi mit dem Klimawandel ist, ist fraglich. Erst vergangenes Jahr sollen laut der „Financial Times“ Lobbyisten in Abu Dhabi beschäftigt worden sein, mit dem Ziel, potenzielle Kritik rund um Klimafragen zu untermauern. Auch sollen „politisch einflussreiche Individuen“ die Glaubwürdigkeit Abu Dhabis in Sachen Klima stärken. In Auftrag gegeben wurde dies von Masdar, jenem Konzern, bei dem Sebastian Kurz unterkam.