Der offene und öffentliche Umgang mit Einkommensfragen ist eine Kulturfrage, sagt Alexander Picker, Präsident von Transparency International Austria, hier im Interview mit der Kleinen Zeitung. Und in Österreich ist, in dieser Hinsicht zumindest, Schweigen Gold. Dass es auch anders geht, zeigt etwa der EU-Partner Finnland vor, der 2023 zum transparentesten Staat der Welt gekürt wurde und wo die steuerpflichtigen Einnahmen aller für alle einsehbar sind.

In Österreich herrscht diesbezüglich eine Kultur des Nicht-Drüber-Redens, die Veröffentlichung der ORF-Gehälter ist eine Ausnahme von dieser Regel, verfügt von der türkis-grünen Regierung. Seitdem wird darüber debattiert, ob das von der ÖVP geführte Medienressort damit in erster Linie eine aufgrund der Einführung der ORF-Gebühr für jeden Haushalt gebotene Rechenschaftspflicht umsetzte – oder einfach nur dem in vielerlei Hinsicht von der Politik ungeliebten ORF eins auswischen wollte. Nicht ausgeschlossen, dass beides zutrifft.

Diese Unsicherheit zog sich denn auch durch die Debatte zwischen ORF-Moderator Armin Wolf und ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker, die Dienstagabend die ZiB 2 prägte. Wolf (253.000 Euro jährlich plus 3800 Euro monatliche Nebeneinkünfte) versuchte hartnäckig, das genaue Einkommen Stockers zu erfragen. Öffentlich ist, dass dieser über 145.000 Euro als Nationalratsabgeordneter und mehr als 12.000 Euro an monatlichen Nebeneinkommen verdient. Dazu zählt ein 7000-Euro-Gehalt als Vizebürgermeister in Wiener Neustadt. Unklar blieb, wie viel Stocker als ÖVP-Generalsekretär und Rechtsanwalt verdient. Er selbst will das auch tags darauf auf Nachfrage der Kleinen Zeitung nicht erläutern, was er selbstverständlich auch nicht muss. Nur macht es dies schwer, den Wahrheitsgehalt seiner Aussage, weniger als die 317.000 Euro des Kanzlers zu verdienen, zu überprüfen.

Die Vorstände von 26 öffentlichen Unternehmen liegen vor dem Kanzler

Dabei herrscht – Platz 13 im Transparenz-Ranking beweist es – in Österreich nicht nur Nebel. Auf dem Transparenzportal der Republik gibt es einen umfassenden Überblick zu öffentlichen Förderungen. Der Rechnungshof veröffentlicht die Gehälter der Manager öffentlicher Unternehmen – zwar nicht auf konkrete Personen bezogen, aber immerhin auf den Durchschnitt umgelegt. 2022 lag der Post-Vorstand mit 1,99 Millionen an der Spitze vor dem Verbund (1,46). Im Durchschnitt wurden die Vorstandsmitglieder aller 452 geprüften Unternehmen mit 219.000 Euro jährlich vergütet – in immerhin 26 Unternehmen lagen die Vorstandsbezüge über jenen von Kanzler Karl Nehammer.

Bei der Gesamtbilanz des Rechnungshofs wird sogar nach Geschlecht unterschieden, wobei Männer auf 227.000 Euro und Frauen auf 193.000 Euro jährlich kommen. Wer wissen will, wie viel Politiker vom Bundespräsidenten bis zum Bezirksrat für ihre öffentlichen Ämter erhalten, wird in der Bezügepyramide fündig.

Die Einkommen der wirklich Reichen und Prominenten bleiben dagegen meistens ein gut behütetes Geheimnis. Wohl auch deshalb sorgen die Einzelfälle, bei denen das anders ist, für Erregung. Dass etwa Milliarden-Pleitier René Benko 2019 von seinem Signa-Imperium 26 Millionen Euro erhalten hat, empört vor allem deshalb, weil sein betoniertes Reich heute zu Staub zerfällt.

Die Ex-Gewerkschaftsbank zahlt am besten

Davon abgesehen blüht die kolportierte Spekulation. Würden Sie auf Anhieb die Bank nennen können, die ihre Manager am besten bezahlt? Das war zuletzt ausgerechnet die ehemalige Gewerkschaftsbank. Deren Chef erhielt 2022 laut Arbeiterkammer mitsamt allen Bonifikationen rund 9,4 Millionen Euro. Sein Name: Anas Abuzaakouk. Auf Platz zwei mit 5,6 Millionen Euro kommt Mayr-Melnhof-Vorstand Peter Oswald – AK-Chefin Renate Anderl verdient 7250 netto monatlich, ihre Direktorin Silvia Hruška-Frank knapp 11.000 pro Monat.

Die Zahlen lassen sich finden, aber das Reden darüber fällt schwer. Als Einzelne und fast noch mehr als Gesellschaft.