Zur Bekämpfung der Jugendkriminalität wünscht sich Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) ein generelles Waffenverbot für den öffentlichen Raum sowie eine Herabsetzung der Strafmündigkeit, die derzeit bei 14 Jahren liegt. Nur mit der ersten Forderung traf er bisher beim grünen Koalitionspartner auf offene Ohren. In der „ZiB 2“ am Montag ruderte Karner bei der Altersherabsetzung insofern zurück, wonach „Gefängnis wahrscheinlich nicht der sinnvollste Weg“ bei ganz jungen Straftätern sei.
Wie groß das Problem der Jugendkriminalität – über spezifische Orte hinaus – ist, lässt sich aus den Zahlen nur bedingt herauslesen. Erstens liegen nur Daten bis 2022 vor, jüngere Entwicklungen sind daher nicht umfasst. Zweitens offenbaren sich zwischen gerichtlichen Verurteilungen und Anzeigen bemerkenswerte Widersprüche. So stieg die Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen bei Sachbeschädigung und Diebstahl signifikant, Verurteilungen nach diesen Delikten nahmen jedoch deutlich ab.
Verurteilungen von Jugendlichen gingen klar zurück
Die Statistik Austria wertet jedes Jahr die Entscheidung der Gerichte aus. Ein Anstieg der Jugendkriminalität lässt sich daraus nicht herauslesen, sondern stattdessen ein kontinuierlicher Rückgang – inklusive eines deutlichen Einbruchs durch die Corona-Lockdowns ab 2020. Die zuletzt 7.850 strafrechtlichen Verurteilungen von 14- bis 20-Jährigen bedeuteten zwar wieder einen leichten Anstieg, aber noch unter dem Wert vor der Pandemie und weit weg von den 12.000 Verurteilungen im Jahr 2012.
Blickt man aber tiefer in diese Zahlen, sind bei gewissen Delikten sehr wohl Anstiege zu entdecken, darunter auch bei schwerer Körperverletzung, Raub und gefährlicher Drohung. Rückläufig waren, wie beschrieben, Sachbeschädigung, Diebstahl, Einbruch sowie Drogendelikte. Nicht inkludiert sind jedoch diversionelle Erledigungen (außergerichtlicher Tatausgleich), die zahlenmäßig die Verurteilungen deutlich überwiegen – nicht nur bei Jugendlichen. Das heißt, bei nicht so wenig Straftaten kann durch Reue und Wiedergutmachung eine Verurteilung vermieden werden.
Mehr jugendliche Tatverdächtige
Das Innenministerium weist in seinen Statistiken Tatverdächtige aus. Aus diesen Zahlen geht wiederum ein kontinuierlicher Anstieg bis 2022 hervor, wobei sich ebenfalls eine „Corona-Delle“ zeigt. Besonders stark sind die Anzeigen gegen unter 14-jährige, also nicht strafmündige Personen angestiegen. Sie haben sich seit 2013 verdoppelt, wobei es nur einen marginalen Anstieg bei Körperverletzungen gab, bei Diebstählen und Sachbeschädigung einen starken – jeweils im Kontrast zu den Verurteilungen.
Das Innenministerium macht in einer Erläuterung zu seinen Zahlen aber selbst auf Einschränkungen aufmerksam. Erstens habe es etwa bei Lehrkräften Sensibilisierungsmaßnahmen gegeben, die zu einer Zunahme von Anzeigen geführt hätten. Mehr Taten werden dadurch bekannt, weniger verbleiben im Dunkelfeld. Auch die Digitalisierung habe große Auswirkungen. Darunter fällt auch das Verschicken von Nacktaufnahmen von Freunden sowie Drohungen per WhatsApp. „Die Digitalisierung hat signifikante Auswirkungen auf diese Statistiken“, heißt es. Auch die gesteigerte Aufklärungsquote habe einen Effekt, weil dadurch mehr Täter gesichert der Gruppe der Jugendlichen zugeordnet werden können.
Zahlen für das Vorjahr hat das Innenministerium für kommende Woche angekündigt.