Die Bundesheerkommission hat im vergangenen Jahr 278 Verfahren eingeleitet. Im Wesentlichen bezogen sie sich auf Ausbildung, Dienstbetrieb, Personal- und Versorgungsangelegenheiten, wie der Vorsitzende, Abg. Robert Laimer (SPÖ) am Dienstag erklärte. Nach einem Ausreißer im Coronajahr 2020 mit 580 Beschwerden liege man mit der Anzahl „durchaus in einem Medianwert der jährlichen Beschwerden“. Im Vorjahr waren es 182 nach 268 2021.
Die Beschwerdefälle betrafen unangebrachte Ausdrucksweisen, Mängel bei der Unterbringung oder organisatorische Mängel sowie diskriminierendes Verhalten, darunter auch Fälle von sexueller Belästigung. Diese kommen zwar nicht häufig vor, betonte Laimer: „Wenn es aber passiert, muss schnell und entscheiden gehandelt werden.“ Ein aktueller Fall, bei dem zwei Soldatinnen betroffen sind, betreffe Vorkommnisse bei einer Weihnachtsfeier. Da habe die Kommission „unverzüglich gehandelt“.
Amtswegige Prüfverfahren wurden 2023 insgesamt zwölf an der Zahl beschlossen, referierte der Vorsitzende und VP-Wehrsprecher Friedrich Ofenauer. Darunter war neben einer schweren Körperverletzung durch einen 20-jährigen Wachtmeister bei einer Ausmusterungsfeier auch jener tragische Fall in der Flugfeldkaserne in Wiener Neustadt, bei dem ein Wachsoldat aus Niederösterreich erschossen worden war. Die Staatsanwaltschaft stellte schließlich fest, dass es sich bei der Schussabgabe des Offiziers um Notwehr gehandelt hatte. Im Blut des Getöteten wurden Drogen nachgewiesen.
Aktueller Fall von sexueller Belästigung in Salzburg
Über einen aktuellen Fall sexueller Belästigung berichtete am Dienstag die „Krone“. Kurz vor Weihnachten 2023 soll ein Offizier in „sehr berauschtem Zustand“ gegen 19 Uhr im Speisesaal übergriffig geworden sein. Wie aus einem anonymen Schreiben an die Bundesheerkommission hervorgeht, habe der hochrangige Soldat eine Chargin und eine Unteroffizierin unsittlich unter anderem am Po begrapscht.
Die deutlich jüngere Chargin sei „unter Tränen“ zu ihrem Vorgesetzten gegangen, die Unteroffizierin hingegen hätte den grapschenden Major beschimpft. Weitere männliche Kadersoldaten seien den Frauen zu Hilfe gekommen und hätten den Major zur Rede gestellt. „Das war aber in seinem berauschten Zustand sinnlos“, heißt es weiter in dem Schreiben. Nachdem die Causa bekannt wurde, ist ein Disziplinarverfahren gegen den Major eingeleitet worden. Mittlerweile laufen die Befragungen.
Der Fall ist für den freiheitlichen Vertreter Reinhard Bösch auch deshalb relevant, weil das Heer händeringend nach Personal sucht – und dabei eben gerne auch Frauen.
Miliz bleibt Sorgenkind
Als „altes Sorgenkind“ bezeichnete Bösch die Miliz. Der Gesamtbedarf an Offizieren sei nur zu 50 Prozent, jener von Unteroffizieren nur zu 40 Prozent gedeckt. Dabei seien die finanziellen Anreize in Bezug auf die Werbung ausgeschöpft, hieß es. Bösch kritisierte auch, dass von den aktuell rund 36.000 Milizsoldaten lediglich 21.000 „übungspflichtig“ seien und ein Fähigkeitserhalt auf freiwilliger Basis de facto nicht stattfinde. Dadurch entstünden Führungsdefizite, die zum Verlust von Fertigkeiten führen. Milizübungen seien nur mit reduzierter Truppe möglich. Zudem gebe es in puncto Ausrüstung der Miliz „nach wie vor große Lücken“.
Was die 2022 eingeleitete und nach wie vor nicht abgeschlossene Dienststellenreform anbelangt, zeigten sich Laimer und Bösch skeptisch, ob diese noch in der laufenden Legislaturperiode abgeschlossen werde. Von acht bestellen Direktionen „sind noch fünf in einem Dauerprovisorium“, erinnerte Laimer. Zudem sei diese vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine aufgesetzt worden, also in einer anderen geopolitischen Situation. Bösch plädierte dafür, diese nach ihrer Umsetzung einer Evaluierungsphase zu unterziehen und sie auf ihre Tauglichkeit hin zu überprüfen. Ofenauer betonte, dass es Ziel der Reform war, die Zentralstelle zu verschlanken und die Truppe zu stärken.