Eine „besorgniserregende Entwicklung“ ortet ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker. „Die Ränder der Gesellschaft werden immer lauter und radikaler“, bemängelt Stocker, „die Anliegen der breiten Mitte gehen verloren.“ Eben diese „Mitte“ will die Volkspartei nun mit einer neuen Kampagne ansprechen. Es ist nicht die erste Bemühung dieser Art: Im Herbst hatte sich die Partei von Bundeskanzler Karl Nehammer etwa mit der „Glaube an Österreich“-Kampagne zu positionieren versucht.

„Ich möchte, dass Respekt und Zusammenhalt regieren. Lassen wir uns nicht zum Gegenteil verführen“, steht etwa auf einem der Sujets. „Ich hoffe sehr, Österreich steuert nicht auf dunkle Zeiten zu. Lernen wir aus der Geschichte“, auf einem anderen. „Wir. Die Mitte“ ist das Motto der Kampagne. Die Mitte seien Menschen, „die jeden Tag einen Beitrag leisten, ihrer Arbeit nachgehen, eine Ausbildung machen oder ihren wohlverdienten Ruhestand genießen“, erklärt Stocker. An diese Gruppe richte sich auch der „Österreich-Plan“, den Bundeskanzler Karl Nehammer im Jänner medienwirksam präsentiert hatte.

Koalitionsbildung macht Stocker keine Sorgen

Im Gegensatz dazu würden „manche Parteien immer radikaler“, bemängelt Stocker. Unter Herbert Kickl sei die FPÖ „so weit rechts wie nie zuvor“ gerückt, Andreas Babler habe aus der SPÖ eine „marxistische Linkspartei“ gemacht. Die FPÖ sei allerdings „ein Stück weiter“ rechts als die SPÖ links sei, präzisiert Stocker auf Nachfrage.

Will die Volkspartei aber auch in Zukunft regieren, wird sie sich aber voraussichtlich in einer Koalition mit FPÖ oder SPÖ und möglicherweise einem dritten Partner wiederfinden – denn die derzeitige Koalitionsvariante mit den Grünen kommt in Umfragen aktuell nur auf rund 30 Prozent. Mit der FPÖ unter Kickl schließen prominente Gesichter der ÖVP eine Zusammenarbeit auf Bundesebene immer wieder aus. Stocker bereitet die künftige Suche nach Koalitionspartnern jedenfalls keine Sorgen. „Koalitionsbildungen waren auch in der Vergangenheit nicht leicht“, sagt der Generalsekretär, „es müssen immer Parteien mit unterschiedlichen Weltanschauungen zu einem Regierungsprogramm finden.“ Nach der Wahl werde man entscheiden, „mit wem wir in Verhandlungen gehen und mit welchen Themen“.

Keine Koalitionskrise wegen Diskussion um Strafmündigkeit

Große Unstimmigkeiten mit dem derzeitigen Koalitionspartner sieht Stocker nicht. Zuletzt hatten ÖVP und Grüne unterschiedliche Ansichten zur Absenkung der Strafmündigkeit geäußert. Stocker wiederholte, er könne sich beispielsweise eine Strafmündigkeit ab zwölf Jahren vorstellen, von den Grünen kam dafür bisher eine Absage. In einer Krise befinde man sich deshalb aber nicht. „Die Senkung der Strafmündigkeit ist kein Allheilmittel, kann aber ein Teil der Lösung sein.“ Es gehe bei der Verhinderung von Jugendkriminalität um ein „Gesamtpaket. Darüber werden wir mit den Grünen verhandeln“.