Der Rechnungshof kritisiert in zwei am Freitag veröffentlichten Berichten die Haftbedingungen in den heimischen Gefängnissen. Diese befinden sich seit Jahren an der Auslastungsgrenze, sind teilweise überbelegt und haben mit Personalmangel zu kämpfen, was sich negativ auf die Häftlinge und die Resozialisierungsbemühungen auswirkt.
Die beiden Prüfberichte beziehen sich auf die Jahre 2018 bis 2022, seither hat sich die Lage im Strafvollzug aber kaum gebessert, konstatiert der Rechnungshof. In etlichen Gefängnissen fehlt es demnach an Beschäftigungs- und Freizeitmöglichkeiten. Speziell in den Haftanstalten der Landesgerichte bleiben die Insassen oft bis zu 23 Stunden am Stück in ihren Zellen eingesperrt. Vor allem nachmittags und an den Wochenenden gibt es keine zweckmäßigen Aktivitäten für die Häftlinge, weil die anstaltseigenen Betriebe geschlossen sind und Tagesgestaltung nur begrenzt möglich ist.
Rechnungshof für mehr Haftplätze
Im Vorjahr lag die Beschäftigungsquote in der Justizanstalt Wien-Simmering etwa bei mageren 69 Prozent, in der Justizanstalt Gerasdorf dagegen bei 94 Prozent. Grundsätzlich konnte die durchschnittliche Beschäftigungsdauer im überprüften Zeitraum laut Rechnungshof nicht nachhaltig gesteigert werden. Im Jahr 2022 betrug sie 3,16 Stunden pro Werktag und Häftling. Dabei seien ausreichende Beschäftigungsmöglichkeiten in Form von Arbeit oder Ausbildung wesentliche Faktoren für ein positives Anstaltsklima und die Resozialisierung der Häftlinge, zu dem die Justizanstalten an sich gesetzlich verpflichtet sind.
Der Rechnungshof folgert, dass verstärkt in die Personalentwicklung investiert werden muss. Andernfalls sei eine weitere Verschärfung der Personalsituation zu befürchten. Anfang 2023 waren die Planstellen im Strafvollzug zu 96 Prozent besetzt. Es fehlten aber immer noch mehr als umgerechnet 130 Vollzeitbeschäftigte. Gleichzeitig ging die Zahl der Bewerbungen bei der Justizwache zwischen 2019 und 2022 um mehr als ein Viertel zurück. Parallel gingen auch die insgesamt vorhandenen Haftplätze zurück. „Ohne entlastende Maßnahmen wird das Problem der Überbelegung nur mit einem Ausbau der Haftplatzkapazitäten bewältigt werden können“, notiert der Rechnungshof.
Reform des Maßnahmenvollzug noch nicht angekommen
Was den Maßnahmenvollzug betrifft, vermisst der Rechnungshof ungeachtet des am 1. März 2023 in Kraft getretenen Reformgesetzes die Umsetzung jener Punkte, „die sicherstellen sollten, dass strafrechtlich untergebrachte Personen adäquat und zeitgemäß behandelt und betreut werden“. Positiv beurteilt der Rechnungshof, dass das Justizministerium ein eigenständiges Wirkungsziel für den Strafvollzug festgelegt hat, der den Bund im Jahr 2022 rund 600 Millionen Euro gekostet hat.
Der besondere Fokus wurde auf die Reintegration und Rückfallprävention der Häftlinge gelegt. Dem Rechnungshof fehlt jedoch eine Kennzahl, die die Wirkung der Resozialisierungsmaßnahmen im Hinblick auf die Rückfälligkeit entlassener Häftlinge misst. Für eine qualitative Wirkungsmessung wird dem Justizministerium die Beiziehung einschlägiger wissenschaftlicher Einrichtungen, insbesondere aus dem universitären Bereich empfohlen, um vertiefte Untersuchungen zur Wirksamkeit des Strafvollzugs und zur Lebenssituation ehemaliger Häftlinge einzuholen.