Der Konflikt im Nahen Osten fungiere als Katalysator für terroristische Aktivitäten in Europa und potenziell auch Österreich. Zu diesem Fazit kam Omar Haijawi-Pirchner, Chef der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), anlässlich des 5. Präventionsgipfels in Wien. Die Hamas, aber auch andere Terrororganisationen wie der „Islamische Staat“ oder die Al-Qaida würden „die Gunst der Stunde“ nutzen, um zu einem Krieg gegen den Westen aufzurufen.

Dies geschehe vor allem durch eine Verbreitung von extremistischen oder gefälschten Inhalten über das Internet. Das sorge bei der – laut Haijawi-Pirchner leicht zu beeinflussenden – Generation Z (zwischen 1997 und 2012 Geborene) für zusätzliche Radikalisierung und stelle für die Sicherheitslage in Europa und Österreich eine enorme Herausforderung dar. Zudem würden radikale Inhalte immer wieder in die Klassenzimmer heimischer Schulen getragen. „Auch in Österreich sind wir nicht davor gefeit, wieder einen terroristischen Anschlag zu erleben“, sagte der DSN-Chef. Zudem seien die im Land lebenden „Hochrisikogefährder“, auch hinsichtlich psychischer Auffälligkeiten, eine Gefahrenquelle.

Mehr Zugriff auf Messengerdienste

Bei der Veranstaltung, bei der Vertreter von Innenministerium, DSN, diverser Vereinen und Organisationen zusammenkommen, wiederholten Haijawi-Pirchner, Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und Franz Ruf, der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, ihre Forderung nach mehr Zugriffsrechten auf Messengerdienste. Man müsse hier für eine verfassungskonforme Lösung kämpfen, um mit „blinden Flecken“ in den Ermittlungen aufzuräumen. Laut Karner habe der islamistische Extremismus durch den Hamas-Anschlag in Israel im vergangenen Oktober „eine besondere Dynamik bekommen“.

Dieser sei ein „hoch disruptives Ereignis“ gewesen, erklärte der Nahost-Experte und frühere Agent des deutschen Geheimdiensts BND, Gerhard Conrad, am Gipfel. Der befürchtete Flächenbrand „hat nicht stattgefunden“, die anderen Staaten der Region würden vordergründig zwar die Hamas unterstützen, an einer direkten Einmischung bestehe jedoch wenig Interesse.

„Wenn Geiseln weg sind, wird die Jagd eröffnet“

Die israelischen Geiseln seien „die Überlebensgarantie“ der Hamas, weshalb man die Gefangenschaft möglichst lange aufrechterhalten wolle. Vorerst wolle man die Sache „aussitzen“, denn: „Wenn die Geiseln weg sind, ist die Jagd eröffnet.“ Zivile Opfer seien seit jeher das Kapital der Organisation. Der Konflikt werde in den nächsten ein bis zwei Jahren laut Conrad ein veritables Sicherheitsrisiko darstellen, „das zwingend beachtet werden muss“.

In Europa wühle die gezielte Information über soziale Medien auch Menschen auf, die sich in ihren Gastländern nicht heimisch fühlen oder laut Conrad in einer Parallelgesellschaft verhaftet seien. Hier bleibe nur langfristige und anspruchsvolle Sozialarbeit als mögliche Lösung.