„Das ist keine Strategie, das ist ein Papiertiger“: Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) zeigte sich wenig begeistert von der Bodenschutzstrategie, die die Bundesländer vergangenen Donnerstag in der Österreichischen Raumordnungskonferenz einstimmig beschlossen haben. Entgegen dem 2,5 Hektar-Ziel, das von der Regierung ursprünglich aufgegeben wurde. Stippvisiten unter anderem in der Steiermark stimmten den 62-Jährigen nicht unbedingt positiver. Altes Denken, Zubetonieren, Schubladendenken - viel Gutes hat der Grünen-Chef über die Bodenstrategie nicht zu sagen. Im ZiB2-Interview nahm Kogler von Graz aus Stellung zum viel diskutierten Thema.
„Boden- und Naturschutz Verantwortung der Bundesländer“
Als Erstes nahm Kogler Stellung zu den Vorwürfen der Bundesländer, die Grünen hätten sie mit ihrer Blockade zu dem gemeinsamen Beschluss gedrängt: „Die Bundesländer bekennen sich zur Verantwortung, dass sie primär für Boden- und Naturschutz verantwortlich sind“ und sprach darüber, dass ehrlicher Bodenschutz so immer geleistet seien müsse. Dennoch brauche es für solch wichtige Themen stets Ziele, auf welches sich die Bundesregierung mit dem 2,5 Hektar-Ziel auch verständigt und bekannt habe. Ohne Ziele sei es sonst so, als würde man, ohne zu wissen, in welchen Zug man steigt, am Bahnhof stehen.
Kogler räumte zwar ein, dass man als Bundespartei aufgrund der primären Zuständigkeit der Länder in Sachen Bodenschutz bei der Umsetzung nur Beisitzer sei, sprach aber dennoch von einem Mangel an Verantwortung in den letzten Jahren: „In Österreich ist in dieser Hinsicht bisher alles schiefgelaufen, fruchtbare Ackerflächen in der Größe des gesamten Burgenlandes sind in den letzten 20 Jahren verschwunden“ und sprach davon, dass Österreich den Text seiner Bundeshymne von „Land der Äcker“ zu „Land der Betonschachteln“ geändert habe.
„Wenn man mit 2000 Fußballfeldern nicht auskommt, muss man wo anders ansetzen“
Dass es mit dem 2,5-Hektar-Beschluss der Bundesregierung so lange gedauert hat, erklärte der Vizekanzler damit, dass es in Gesprächen und Konferenzen immer wieder begrüßenswerte Dinge gegeben habe, aber irgendwann Brötchen auch gebacken gehörten. „Die Grünen kämpfen überall dafür, dass es eben nicht so weitergeht und Flächen nicht unnötig verbraucht oder zubetoniert werden“, so Kogler über den jahrelangen Kampf und betonte, dass es möglich sein müsse, Wirtschaft und Naturschutz unter einen Hut zu bringen.
Kogler verwies auch auf die kürzlich beschlossene Abschaffung des Amtsgeheimnisses und meinte, dass gute Kompromisse wie dieser auch mit den Bundesländern beim Thema Bodenstrategie gefunden werden könnten. Derzeit müsse man in Österreich 2000 Fußballfelder pro Jahr beanspruchen. Wenn man damit nicht auskomme, müsse man woanders ansetzen. Er sorge sich auch um die Zukunft der nächsten Generationen: „Wenn es bald keinen Quadratmeter mehr für Gemüse gibt, werden wir noch mehr von Importen aus dem Ausland abhängig sein“, spielte er auf die aktuelle Situation mit dem russischen Gas an.
„So fährt man gegen die Wand“
Wie soll nun das 2,5 Hektar-Ziel erreicht werden? Auf diese Frage antwortete Kogler, dass das Ziel ohnehin sehr großzügig bemessen sei. Als Beispiel nannte er Oberösterreich, wo so viel Fläche gewidmet sei, dass man die gesamte Bebauung von Wien darauf pflanzen könnte. „Man darf in Zukunft nicht gegen die Natur arbeiten, und es wäre vernünftig, wenn man Rückwidmungen vornehmen könnte. Sonst fährt man gegen die Wand“, warnt Kogler.
Die Fläche, um die es gehe, sei im Wesentlichen die in Anspruch genommene Fläche, da diese zu hart versiegelt sei. Letztendlich sei es wichtig, für fruchtbare Flächen zu sorgen. „Es kann nicht sein, dass man immer weiter in die Natur geht, ohne ein Grünflächensicherungskonzept zu haben“, machte Kogler abschließend seinem Ärger Luft.