Die ÖVP hat ihre Liste der Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl zum Europaparlament am 9. Juni vorgestellt. Insgesamt 42 Personen haben sich aufgestellt, Spitzenkandidat Reinhold Lopatka steht schon seit Längerem fest. Hinter ihm kandidieren die amtierende Delegationsleiterin Angelika Winzig, Alexander Bernhuber, Sophia Kircher und Lukas Mandl. Parteichef und Bundeskanzler Karl Nehammer sprach bei der Präsentation am Montag von einem starken, hoch motivierten Team.
Die türkise Delegation im Europaparlament besteht derzeit aus sieben ÖVP-Mandataren und -Mandatarinnen. In den Umfragen werden der Volkspartei allerdings Verluste prognostiziert. Dazu kommt, dass der langgediente und bekannte Europapolitiker und bisherige Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas, wegen Differenzen mit der Parteiführung nicht mehr antritt. Spekuliert wird, dass er mit einer eigenen Liste oder auch für eine andere Partei – etwa die Neos – antreten könnte.
Spagat zwischen Europaeuphorie und Europakritik
Gute Chancen für einen Einzug hat Kircher, die auf Platz 4 hinter dem Niederösterreicher Bernhuber kandidiert, der bereits jetzt laut ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker landwirtschaftliche Agenden als EU-Parlamentarier wahrnimmt. Ebenfalls nicht überraschend ist die erneute Kandidatur des Niederösterreichers Lukas Mandl. Auf den Plätzen 6 und 7 finden sich die steirische Bundesratsabgeordnete Isabella Kaltenegger und der ehemalige Moderator Wolfram Pirchner.
Dass die ÖVP im Wahlkampf den Spagat zwischen Europaeuphorie und -kritik schaffen will, machte nicht nur Nehammer klar, der mehrmals davon sprach, als Volkspartei auch die „Finger in die Wunden“ legen zu wollen, etwa bei der Migrationspolitik. Die Union könne nämlich nur dann weiterentwickelt werden, wenn sich die Menschen damit identifizieren könnten. Als Vorreiter sieht er sich selbst in der Diskussion um das Verbrenner-Aus.
Lopatka: „Gäbe es die EU nicht, müssten wir sie heute gründen“
Sowohl als glühender Europäer als auch als beherzter Kritiker sieht sich auch Spitzenkandidat Lopatka. „Gäbe es die Europäische Union nicht, müssten wir sie heute gründen“, meinte er zwar, aber: „Wenn es Defizite gibt, haben wir auch darauf hinzuweisen“, so Lopatka. Etwa bei der derzeitigen „Regulierungswut“, wo man eine Trendumkehr schaffen müsse. Stolz zeigte sich der Spitzenkandidat über die Liste, die alle Altersgruppen, Berufsgruppen und Bundesländer berücksichtige.
Ein vielfältiges und junges Team sieht auch ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker ins Rennen gehen. Knapp die Hälfte der 42 Personen sei unter 35 Jahre alt, das Durchschnittsalter betrage 41 Jahre, was niedriger als bei der Wahl 2019 sei. „Unser Team kommt aus der Mitte der Gesellschaft und wird auch die Interessen und Anliegen der Mitte der Gesellschaft vertreten“, so Stocker. Gerade in Zeiten, wo SPÖ und FPÖ „immer weiter an die Ränder rücken“ und Extreme bedienen würden.
Nehammer fürchtet keine Auswirkungen von Kurz-Urteil auf Wahl
Mögliche negative Auswirkungen der erstinstanzlichen Verurteilung von Ex-Parteichef Sebastian Kurz wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss auf den ÖVP-Wahlerfolg sieht Nehammer nicht. Man müsse Gerichtsentscheidungen zur Kenntnis nehmen, meinte der Kanzler zwar. Allerdings sei das Urteil nicht rechtskräftig, nun müsse man den Instanzenzug abwarten. Und Lopatka: „Es geht uns darum, einen positiven Wahlkampf zu führen.“