Kein Akademikerball ohne Gegendemonstration. Das hat in Wien schon Tradition – und Eskalationspotenzial. In der Vergangenheit ist es immer wieder zu Ausschreitungen am Rande der Protestveranstaltungen gegen den Ball der schlagenden Burschenschaften in der Wiener Hofburg gekommen, der in den Augen seiner Kritiker einen Auflauf weit rechter und auch rechtsextremer Kreise über Österreichs Grenzen hinaus darstellt. Die FPÖ-Spitze um Parteichef Herbert Kickl wird heuer dem Ball allerdings fernbleiben.
Mit Blick auf die am Freitagabend stattfindende Veranstaltung sorgt nun ein Posting der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) in sozialen Netzwerken, die gesetzliche Vertretung aller Studierenden, für Aufregung und Kritik, insbesondere von Seiten der FPÖ. Darin wird zur Teilnahme an der Gegendemonstration mit dem Motto „Burschenschaften das Tanzbein brechen“ aufgerufen.
Nach einem Hinweis des freiheitlichen EU-Abgeordneten und Spitzenkandidaten für die kommende EU-Wahl Harald Vilimsky prüft nun auch die Landespolizeidirektion Wien, ob das Posting den Tatbestand eines Gewaltaufrufs darstelle. Falls ja, könnte dies dazu führen, dass die Demonstration deswegen behördlich untersagt wird.
ÖH relativiert ihr Posting nachträglich
Bei der aus einer Koalition vom Verband Sozialistischer Studenten (VSStÖ), Grünalternativen (Gras) und Kommunisten (KSV LilLi) Bundesführung der ÖH weist man die Kritik zurück: „Ja, wir stehen zu dem Posting. Ein Tanzbein ist kein echter Körperteil, sondern eine Metapher“, sagt dazu ÖH-Pressesprecherin Fiona Sinz zur Kleinen Zeitung. Allerdings war die ÖH am Nachmittag in den Sozialen Medien um Klarstellung bemüht. „Wir als ÖH rufen ausschließlich zu friedlichen Demonstrationen auf. Mit dem „Tanzbein“ ist natürlich eine rhetorische Figur gemeint“, wurde dem ursprünglichen Post angefügt.
Für den Verwaltungsrechtlicher Peter Bußjäger ist die ÖH-Formulierung „nicht unkritisch“. Mit einem Verbot der Demonstration rechnet er jedoch nicht, weil der Verfassungsgerichtshof in dieser Frage eine sehr enge Auslegung des Gesetzes einfordere. Von daher sei mit einer Untersagung nicht zu rechnen, weil immer das gelindere Mittel zur Anwendung kommen müsse.
Am Nachmittag kündigte die Landespolizeidirektion Wien dann ein Platzverbot für den Heldenplatz an, das am Freitag um 17.00 Uhr in Kraft treten soll. Dieses wäre aber ohnehin angesichts der angekündigten Demonstrationen verhängt worden und stehe in keinem Zusammenhang mit dem Posting, bestätigt die Landespolizeidirektion Wien gegenüber der Kleinen Zeitung.
Rechtlich stellen solche Aussagen und Wortspielen verlässlich eine juristische Gratwanderung dar. Mit „Burschis das Tanzbein brechen“ postete die ÖH bereits voriges Jahr eine ähnliche Formulierung.