Bereits zwei Stunden vor Einlass finden sich die ersten FPÖ-Fans vor der Jahnturnhalle in Ried im Innkreis ein, um die besten Plätze an den aufgestellten Biertischen zu ergattern. Bereits zum 31. Mal hatte die FPÖ rund 2.000 (18 Euro) zahlende Gäste zum politischen Aschermittwoch in den oberösterreichischen Ort geladen, um bei Bier und Heringsschmaus gegen den politischen Gegner vom Leder zu ziehen.
Während die Schlange vor der ausverkauften Halle immer länger wird, marschieren ein paar Meter weiter, getrennt durch einen Parkplatz und mehrere Polizeiautos, „Omas gegen Rechts“ und ihre Unterstützer ein. 200-300 Menschen skandieren „Alerta!“ in Richtung der Wartenden, „wir sind extra hergefahren, weil wir der FPÖ nicht so einfach das Feld überlassen“, sagt eine pensionierte Lehrerin. Kopfschütteln auf der anderen Seite. „Die wollen den Leuten nur Angst machen“, sagt ein Herr mit grauen Locken. „Als wär es verboten, die FPÖ gut zu finden.“ Wenig später schüttelt er dem ehemaligen Parteichef Norbert Hofer die Hand, der sich zu den Ehrenplätzen vor der Bühne durchkämpft.
Haimbuchner zu Van der Bellen: „Tans eana nix o“
„Herbert, Herbert“, skandiert die Menge, als Parteichef Herbert Kickl, begleitet von lauter Musik und Fahnenschwenkern, den Saal betritt und Hände schüttelt. Zu Wort kommt vorher Oberösterreichs Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner. „Die politischen Angriffe halten wir aus“, ruft er ins Publikum, „na sowieso“ brüllt eine ältere Dame zurück. „Buh“, ruft sie wenig später, als Haimbuchner die mahnenden Worte von Bundespräsident Alexander Van der Bellen anspricht. „Tans eana nix o“, ruft der Politiker, „auch Ihre Amtszeit wird einmal vergehen“. Über die Demonstrationen vor der Tür freue er sich, das sei ein Zeichen für den Erfolg der Partei. „Draußen sind die Omas gegen Rechts, herinnen sitzen die Omas mit Hirn.“ Gelächter im Saal.
In der „Remigrationsdebatte“ will der Landesparteichef lieber von „Ausschaffung“ sprechen, die FPÖ werde „jeden einzelnen außer Landes schaffen“, der illegal hier lebe. Fleißige, arbeitende Menschen mit Migrationshintergrund seien ihm aber lieber als „wohlstandsverwahrloste“ Studenten. Der „Herr Koarl“ (Kanzler Karl Nehammer) werde nach der Wahl das AMS brauchen, der Name des SPÖ-Chefs falle ihm gerade nicht ein, „is eh wurscht, is eh bald wieder ein anderer“. Als Haimbuchner zum Abschluss seiner 20-Minuten-Rede sein Bier in einem Zug hinunterkippt, jubelt der Saal.
„ÖVP ist Partei, die alles kopiert, aber nichts kapiert“
„Griaß eich die Madln, servus die Buam“, ruft Kickl, der daraufhin die Bühne betritt. Er dürfe „immerhin noch legal zu euch sprechen“ und wohl auch gewählt werden, „aber gewinnen darf ich offenbar nicht“. Die Linke fordere stets das Verbot der FPÖ, aber den Gefallen werde man ihr nicht tun. Bei der verpflichtenden ORF-Gebühr solle man „noch ein bisserl warten mit dem Einzahlen“, denn die Lösung dafür stehe „hier vor euch am Rednerpult“. Die ÖVP sei die Partei, „die alles kopiert, aber nichts kapiert“.
„Demokratischer Klimawandel“
Draußen vor der Halle seien „meine treuen Begleiter“, die „Omas gegen Rechts“. Im Alter werde man eben nicht zwingend gescheiter, sonst hätte Niederösterreichs Landeshauptfrau „Johanna Mikl-Leiter davon auch profitiert“. „Liebe Grüße“ schickt Kickl AfD-Chefin Alice Weidel nach Deutschland, lobende Worte gibt es auch für Jörg Haider, „der sich nie ein Blatt vor den Mund genommen hat“. Man sei gegen ihn gewesen, aber „heute sind wir es, die recht haben“. Ein „demokratischer Klimawandel“ werde die anderen Parteien „zusammenstutzen“.
Wenn ihn „Noch-Bundeskanzler“ Nehammer als rechtsextrem bezeichne, bedeute das nur, dass er „punktgenau“ richtig positioniert sei. „Das ist ja alles nicht normal, aber wir sind normal.“ Und: „Wir sind nicht rechtsextrem, wir haben nur extrem oft recht.“ Als sich bei den Zuhörern schon etwas Erschöpfung einzustellen scheint, beendet Kickl seine Rede nach mehr als einer Stunde. Sie danken es ihm mit tosendem Applaus und steigen auf die wackeligen Biertische.