Die Welt, wie wir sie kennen, gerät aus den Fugen. Österreich bleibt von den Folgen zunehmender Konflikte in und außerhalb von Europa nicht verschont. Deutlich wird das im am Montag präsentierten „Risikobild 2024“ des Bundesheeres (wir berichteten). Seit 2015 geben die Analysten im Verteidigungsministerium jährlich einen ungeschönten Ausblick auf realistische Bedrohungen für unser Land. Auch Expertinnen und Experten von außen geben darin ihre Einschätzungen ab. (Link zum Download).

Die Umstrukturierung der Weltordnung stehe als „Megatrend“ über allen Entwicklungen, analysiert Generalmajor Peter Vorhofer, Leiter der Direktion Verteidigungspolitik. Diese sei aber frühestens in zwei Dekaden abgeschlossen. Schon jetzt sei deutlich: „Die bewaffneten Konflikte werden mehr, weil der Krieg als Dimension in der Politik zurück ist.“ Ein Konflikt zwischen Russland und der EU ist auf der Bedrohungsmatrix mit höchster Relevanz versehen, am ehesten in einer Form der hybriden Kriegsführung.

Desinformationskampagnen

Das einfachste Mittel dazu ist Desinformation. „Es war noch nie so billig und so leicht, synthetische Inhalte zu generieren“, sagt Vorhofer. Der Informationsraum sei eine militärische Domäne geworden, exzellent dazu geeignet, Demokratien zu unterminieren. Es wäre äußerst ungewöhnlich, würden bei den kommenden Wahlen (EU und Österreich) derartige Operationen nicht lanciert. Dazu gesellen sich Cyberangriffe als weiteres Mittel der militärischen Zielerreichung. Bruno Günter Hofbauer, stellvertretender Generalstabschef, spricht von einem „Kampf in der Grauzone“, mit dem sich auch das Bundesheer auseinandersetzen müsse. Man befinde sich auch hierzulande in einer Phase, „wo es noch nicht Krieg, aber auch nicht mehr reiner Frieden ist“.

Dass die Zukunft Europas wesentlich von den Ereignissen in der Ukraine abhängt, darüber herrscht Einigkeit. Politikwissenschaftler Gerhard Mangott sieht jedoch die westliche Erzählung von der Ukraine als Verteidigerin der Sicherheit Europas differenzierter. „Es ist nicht so, dass, wenn die Ukraine diesen Krieg verliert, der Ivan als Nächstes in Riga oder Warschau steht.“ Gemeinsames Ziel sollte dennoch sein, die Ukraine weiter im Kampf zu unterstützen, um Russland militärisch zu schwächen.

Verteidigungsfähigkeit

Krisen mit Auswirkungen auf Österreich sehen die Experten auch abseits des Krieges im Osten. Die Migrationsströme seien nur scheinbar abgeflaut, die strukturellen Ursachen für Flucht und Vertreibung nach wie vor vorhanden. In Südosteuropa nehmen die nationalistischen Strömungen weiter zu, weltweite Lieferketten werden unterbrochen. Österreichs Antwort darauf: „Wir müssen verteidigungsfähig sein“, sagt Arnold Kammel, Generalsekretär im Ministerium. Dabei sei auch die geistige Landesverteidigung ein Thema, wie Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP) ergänzte.