Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ erneut einem Vorziehen der im Herbst anstehenden Nationalratswahlen eine Absage erteilt. „Ich schließe Neuwahlen im Frühjahr für mich aus.“ Allerdings bilde er die Regierung nicht alleine, sondern mit den Grünen. Seinen Österreich-Plan will er durch einen Abbau von Subventionen, höheres Wachstum und weniger Sozialleistungen für Zuwanderer finanzieren.
„Wenn ich es alleine für mich entscheide, dann würden wir im September wählen“, so Nehammer. Dem stehe auch seine Rede am Freitag in Wels samt Präsentation des „Österreichs-Plans“ nicht entgegen. Er habe die Gelegenheit am Jahresanfang dazu genutzt, um zu zeigen, wofür er stehe. „Ich glaube, es tut gut, wenn man Orientierungspunkte setzen kann.“
Experten kritisieren fehlende Gegenfinanzierung im „Österreich-Plan“
Kritik an der fehlenden Gegenfinanzierung der darin enthaltenen Maßnahmen wie einer Senkung von Lohnnebenkosten bzw. Steuersätzen wies der Kanzler zurück. Dass es keine konkreten Berechnungen und Zahlen in seinem Plan dazu gebe, liege daran, dass es zur Umsetzung dieser Maßnahmen erst Verhandlungen und nach der Wahl einen Koalitionspartner brauche. Erst dann könnten konkrete Prozentsätze festgelegt werden, alles andere wäre nicht seriös.
Auf konkrete Zahlen wollte er sich auch auf Nachfrage nicht festlegen: Ganz allgemein müsse man aber „weg von der Subventionitis“. Durch deren Reduzierung könnten Investitionsfreiräume im Budget geschaffen werden - konkret nannte er Kurzarbeit sowie im Zuge der Corona-Pandemie geschaffenen Zahlungen. Außerdem würden Steuersenkungen und Deregulierung mehr Steuereinnahmen generieren, weil so das Wachstum anspringe und Investitionen in Österreich ausgelöst würden. Und schließlich würden Maßnahmen gegen „Zuwanderung ins Sozialsystem“ dazu führen, dass dort die Ausgaben sinken. „Wenn ich das alles hochrechne, habe ich meine Gegenfinanzierung.“ Man dürfe auch nicht vergessen, dass sämtliche Maßnahmen nicht sofort schlagend würden, sondern erst nach und nach - ebenso wie deren Gegenfinanzierung.
„Kickl hat sich radikalisiert“
Erneut schloss Nehammer eine Koalition mit einer FPÖ unter Obmann Herbert Kickl aus. „Kickl hat sich radikalisiert und damit die Partei.“ Wenn ein Obmannwechsel stattfinde, würde sich aber auch die Partei verändern, meinte der Kanzler. „Jede Partei hat die Möglichkeit eines Selbstreinigungsprozesses.“ Auf die Frage, ob Kickl für ihn rechtsextrem sei, antwortete Nehammer: „Ja, auf jeden Fall.“
Für die EU-Wahl vermied der Kanzler das Festlegen einer Prozentlatte für seine Partei. Stattdessen gab er als Wahlziel aus, Erster zu werden. Gleiches gilt für die Forschungsquote im EU-Vergleich.
ÖVP und Grüne bei Klimaschutzgesetz weiter uneins
Weiter Differenzen gibt es zwischen Grünen und der ÖVP beim Klimaschutzgesetz. Erstere wollen in diesem konkrete Reduktionsziele festschreiben. Dies könne sich aber negativ auf Investitionen in Österreich auswirken, meinte der Kanzler. Generell misst er dem Gesetz einen „hohen symbolischen Charakter“ und eine „überhöhte Bedeutung“ zu. Man habe in Sachen Klimaschutz bereits viel erreicht, verwies er etwa auf CO2-Bepreisung und Erneuerbare-Wärme-Gesetz.
Unbefriedigend sind für Nehammer nach wie vor die derzeitigen Regelungen für die Besetzung von Spitzenstellen - zuletzt wurde aufgrund eines Koalitionsstreits die Spitze des Bundesverwaltungsgerichts 14 Monate lang nicht besetzt und anschließend nicht die bestgereihte Kandidatin ausgewählt. Derzeit ist dazu zunächst die Befassung einer hochkarätig besetzten Kommission vorgesehen, die einen Dreiervorschlag vorlegt. Die Entscheidung liegt aber bei der Regierung. „Ich bin der erste, der sagt, das gehört geändert“, wiederholte der Kanzler seinen Standpunkt. Entweder es gebe eine Ausschreibung und dann die Entscheidung durch eine Kommission oder eben eine politische Entscheidung. Das derzeitige „Mischverhältnis“ gehöre beendet.