Die Liste der Mehrausgaben im Österreichplan von Karl Nehammer ist deutlich länger als jene der geplanten Einsparungen. Das ist in Wahlprogrammen grundsätzlich nicht unüblich, zudem sagt die Länge selbst wenig über das gesamte Volumen aus.
Mit konkreten Zahlen geizt das Papier– auch das ist von derartigen Programmen wohlbekannt. Die 4,5 Milliarden Euro zum Kindergartenausbau sind großteils bereits im Finanzausgleich verankert worden. Das geforderte Straßenausbauprogramm um 20 Milliarden Euro bis 2040 entspricht in etwa der Fortschreibung des Asfinag-Budgets. Oder soll es diesen Betrag zusätzlich geben? Es bleibt ausreichend Raum für Interpretationen.
Kommentar
Größere Investionen betreffen etwa den Ausbau der Stromnetze, Investitionen für „grüne Verbrenner“, 700 weitere Kassenarztstellen, die Landesverteidigung (teilweise bereits beschlossen) und wohl auch kommunale Förderungen, auch wenn die vage bleiben. Mehrkosten wären übrigens auch durch die im Plan vorgesehene Umstellung von Geld- auf Sachleistungen für Asylwerber zu erwarten, da für die Abwicklung des Gutscheinsystems zusätzlich Kosten anfallen, wenn auch keine großen Beträge.
Relevanter sind da die Mindereinnahmen durch die geforderten Abgabensenkungen. Die wirtschaftsnahe Agenda Austria berechnete dafür ein Minus von 3,4 Milliarden Euro, das sich durch die schrittweise Lohnnebenkostensenkung bis 2030 auf 7,1 Milliarden pro Jahr steigert.
Die Gegenfinanzierung soll laut Plan in erster Linie durch die höhere Wirtschaftsleistung erfolgen, die durch Bürokratie-Abbau, Deregulierung und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen angereizt werden soll. Ökonom Hanno Lorenz vom Thinktank Agenda Austria hält das allein für nicht plausibel.
In ihrem Programm nennt die ÖVP zudem noch einen „Stopp der Zuwanderung ins Sozialsystem“, das jedoch nur einen marginalen Beitrag leisten kann – zu gering sind dafür die Gesamtausgaben - sowie eine „Ausgaben- und Subventionsbremse“. Hier wäre für Einsparungen sehr wohl ein Hebel, da Österreich hinter Griechenland, Malta und Frankreich auf dem vierten Rang bei Wirtschaftsförderungen in der EU liegt. Doch welche Förderungen werden gekappt? Eine Antwort blieb Nehammer schuldig.
Große strukturelle Reformen zur Steigerung staatlicher Effizienz, wie etwa zum wachsenden Budgetposten der Pensionen, lässt das Programm weitgehend vermissen, jedenfalls bei konkreten Vorhaben. Sehr wohl listet die ÖVP die „Prüfung einer grundlegenden Staats- und Verfassungsreform“. Darin steckt naturgemäß immenses Potenzial, zu dessen Berechnung allerdings ein konkretes Konzept vorliegen müsste. Möglich, dass sich die Volkspartei dies für die heiße Phase des Wahlkampfes aufgehoben hat.