Dass sich Lena Schilling als Spitzenkandidatin der Grünen für die EU-Wahl bewerben wird, ist schon am Wochenende durchgesickert. Ihre Präsentation am Montag in einem Raum einer Wiener Filmrequisitenfirma war dann kurzfristig organisiert worden, was aber – wohl unbeabsichtigt– stimmig wirkte.

Denn der Weg zu dem Pressetermin war gesäumt mit Requisiten vergangener Zeiten, darunter zwei Oldtimer und Konzertplakate aus den 1980er-Jahren. In einem kühlen Loft standen zwei schlichte Tische, dahinter hing ein selbstgemaltes Transparent, auf dem „Weil’s um unsere Zukunft geht“ stand. Gelb auf blau. Das sah nicht nach Regierungspartei aus, sondern erinnerte eher an die Zeit, als die Grünen noch eine aktivistische Umweltbewegung waren.

Dass die Ökopartei bei der EU-Wahl auf eine junge, selbst deklarierte „Klimaaktivistin“ setzt, die dies auch weiterhin bleiben will, wirkt dann auch wie ein Zitat aus jener wilden Epoche. „Der Weg der Grünen ist genau dieser“, sagte Parteichef Werner Kogler bei der Präsentation am Montag. Man habe sich einst entschieden, für das Parlament zu kandidieren, sei aber immer auch außerhalb verankert geblieben. Regierung und Aktivismus sei kein Widerspruch, so Kogler: „In den Zielen müssen wir radikal sein und in der Realpolitik Schritt für Schritt vorankommen. Das zeichnet die Grünen aus.“

Die grüne Realpolitik hatte auch Schilling, die Aktivistin, immer wieder zu Kritik an der Ökopartei veranlasst. Nun will sie sich auf dem Bundeskongress um die Spitzenkandidatur bewerben: „Das ist doch ein gutes Zeichen, dass man für eine Partei, die man kritisiert hat, dennoch kandidiert“, sagte die 23-Jährige. Sie will im EU-Parlament eine „andere Form der Politik machen und andere Perspektiven“ einbringen. Als Politikerin müsse man klarerweise Kompromisse eingehen. „Aber wir haben schon viele Kompromisse gemacht. Die Paris-Ziele sind ein solcher Kompromiss gewesen“, so Schilling.

Laut Kogler habe Schilling, die Teil der Fridays-For-Future-Bewegung ist und einige Wochen eine Baustelle für den Wiener Lobautunnel besetzte, die Unterstützung des Bundesvorstandes und der Landesparteispitzen. „Sie ist eine der wichtigsten Stimmen für Klimaschutz und Jugend in Österreich, eine junge Frau, die an die Zukunft glaubt.“ Gewählt werden muss Schilling aber vom Bundeskongress. Hinter ihr wird EU-Mandatar Thomas Waitz für den zweiten Listenplatz kandidieren.

Kogler: „Auch der Klimaschutz ist gefährdet“

Schilling will den „Kampf auf der Straße“ ins Parlament tragen und damit dorthin gehen, wo die wesentlichen politischen Fragen entschieden werden, „wo Klimagerechtigkeit blockiert wird“. Die EU-Wahl sei eine Richtungswahl zwischen „Frieden und Zukunft oder Nationalismus und Gewalt“. Ihre Kandidatur sei auch eine „Kampfansage gegen rechts“, sagte Schilling.

Kogler, aber auch Schilling, zeichneten ein Bild einer gefährdeten Demokratie durch die „Kickls, LePens und Orbans“. Die EU sei „eine der größten zivilisatorischen Höchstleistungen“, so Kogler. Diese gelte es zu bewahren. „Es geht um viel. Auch der Klimaschutz ist gefährdet“, sagte der grüne Parteichef. „Es geht um eine neue Ehrlichkeit und Aufklärung gegen Lügenpropaganda, um Demokratie gegen Autokratie. Das alles liegt offen vor uns.“

Ihre Kolumne in der „Kronen Zeitung“ wird Schilling vermutlich stilllegen, der grünen Partei beitreten werde sie aber nicht, kündigte sie an.