Für ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian ist die anhaltend hohe Teuerung im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten mittlerweile „zu einem Standortnachteil geworden“. In der ORF-Pressestunde forderte der Gewerkschaftschef: „Es braucht ganz dringend Maßnahmen zur Stärkung der Konjunktur. Und das ist die Senkung der Inflation.“ Konkret nannte er Preiseingriffe in den Bereichen Energie und Wohnen.
Die hohen Energiepreise seien von Arbeitgeberseite in allen Kollektivvertragsverhandlugen thematisiert worden. „Ich erwarte mir, dass in die Preise so eingegriffen wird, dass einerseits die Versorgungssicherheit gewährleistet wird, andererseits es aber auch Preise sind, die sich die Menschen leisten können und eine gute Grundlage für Wirtschaft und Industrie darstellen“, sagte Katzian. Er drückte seine Sorge darüber aus, dass es im Wahljahr – wörtlich „Wahlkampf-Hingenudel“ – kein geeintes Vorgehen geben könnte.
Katzian erklärte, zwar in einem losen Austausch mit dem Bundeskanzler zu stehen, zu konkreten Maßnahmen sei er aber nicht eingebunden. „Es gibt aber Gespräche der Bau-Sozialpartner mit der Bundesregierung, unter anderem mit dem Finanzminister“. Dabei geht es vor allem um die Krise im Hochbau. Katzian erwähnte etwa die sogenannte KIM-Verordnung, die Immobilienkredite unter strengere Auflagen stellt. Die Verordnung ist zuletzt unter politischen Druck gekommen, wird aber von der Finanzmarktaufsicht erlassen und kann nur von dieser aufgehoben werden.
KV-Verhandlunge auch in Zukunft konfrontativ
Die hohe Inflation werde auch in näherer Zukunft die KV-Verhandlungen belasten. „Es wird schwierig und konfrontativ weitergehen“, sagte Katzian. Ob die Benya-Formel ausgedient hat? Also jener, vom einstigen Gewerkschafts-Präsident Alfred Benya entwickelter Mechanismus, wonach sich die Lohnerhöhung aus Inflation und Produktivitätszuwachs zusammensetzt. Katzian dazu: „Mit mir kann man immer auch über die Spielregeln sprechen, aber nicht während des Spiels.“
In der jüngst aufgekommenen Debatte über mögliche Senkungen der Lohnnebenkosten, forderte er von den Proponenten „eine Präzisierung, was gemeint ist“. In den Lohnnebenkosten würden Beiträge der Dienstgeber für die Arbeitnehmer stecken, etwa die Sozialversicherung. „Da ist nichts vom Himmel gefallen“, so Katzian. Auch der Familienlastenausgleichsfond (FLAF) sei 1955 im Gegenzug zu einem Lohnverzicht der Beschäftigten eingerichtet worden. Wenn die Leistungen aus dem FLAF (rund 7,7 Milliarden Euro, Anm.) künftig nicht mehr von den Arbeitgebern, sondern aus dem Budget finanziert werden sollten, „müsse man dazusagen, wie die Gegenfinanzierung ausschaut“.
Bei Fragen zur Lage und möglichen Zukunft der SPÖ, in deren Vorstand Katzian sitzt, blieb der Gewerkschafts-Chef vage. Eine Koalition mit der FPÖ schloss Katzian in der Pressestunde aus, ließ aber darüber hinaus keine Präferenzen erkennen.