Wie werde ich relevant bei Jungen: Diese Frage raubt heute allen maßgeblichen Institutionen den Schlaf. Parteien geht es da nicht anders als Medien. Beide sind auf der Suche nach frischen Gesichtern, um Anschluss an das Lebensgefühl und die Themen der neuen Generation zu halten. Das war zwar nie anders, aber neu ist die gesteigerte Gefahr, dass sich die Jungen dauerhaft von den bestehenden Institutionen ab- und neuen zuwenden.

Vorhang auf für Lena Schilling. Die 23-jährige Wienerin, Aktivistin der „Fridays for Future“-Bewegung und Kolumnistin der Kronen Zeitung wird für die Grünen für das EU-Parlament kandidieren. Beide brauchen kompatible Jugendlichkeit wie einen Bissen Brot – und sie sind damit keineswegs allein. Hinzu kommt, dass Schilling aus der Schar der weiteren EU-Kandidaten – Reinhold Loptaka (63, ÖVP), Andreas Schieder (54, SPÖ), Harald Vilimsky (57, FPÖ) und wohl Helmut Brandstätter (68, Neos) – schon allein als junge Frau herausstechen wird.

In Brüssel wird anders Politik betrieben

Grundsätzlichere Fragen müssen in der Politik oft hinter taktischen zurückstehen. Damit soll der bis dato parteifreien Schilling weder Engagement noch Talent abgesprochen werden. Beides ist, soweit bekannt, reich vorhanden. Die offene Frage ist eher die nach dem geeigneten Ort für ein solches Talent. In Brüssel wird anders Politik betrieben als in Wien – auch anders als in der Krone. Hier zählt die Fähigkeit zur Bildung von parteiübergreifenden Allianzen mindestens doppelt so viel wie jene zur öffentlichen Inszenierung.

Doch vorerst hat die EU-Wahl Priorität. Dann sieht man weiter. Auch Werner Kogler ist 2019 als EU-Spitzenkandidat angetreten, um im Herbst erst im Nationalrat und schließlich als Vizekanzler aufzuschlagen. Politik schafft sich ihre eigenen Bedingungen.