Die Kennzeichen der landwirtschaftlichen Zugmaschinen, die am Rand des politischen Machtzentrums der Republik, dem Wiener Ballhausplatz, parken, kommen aus den Bezirken Amstetten, Eisenstadt Umgebung, Baden, Wieselburg und zwei sogar aus der Steiermark, aus Hartberg-Fürstenfeld.
Die beiden jungen Steirer waren am Vormittag drei Stunden unterwegs, um nach Wien zu fahren. Ihnen geht es darum, „ein Zeichen zu setzen, dass es so nicht länger weitergehen kann“, wie sie unisono im Gespräch mit der Kleinen Zeitung betonen. Dass der Protest von der FPÖ organisiert wurde, ist für sie nebensächlich: Beide, wie auch ein Weinbauer aus dem Burgenland, beteuern, bei keiner Partei Mitglied zu sein. Was sie zum Vorplatz zum Amtssitz des Bundeskanzlers führt, ist der Eindruck, dass es mit den Bauern im Land immer weiter bergab gehe, dies aber „keine Partei wirklich kümmere“. Ob sie bessere Bedingungen von der FPÖ erwarten? Erst folgt ein Schulterzucken, und dann der Satz: „Schlimmer kann es nicht mehr gehen.“
Was sich ändern müsste? „Endlich Transparenz, dass die Konsumenten wissen, wie wenig am Ende für die Bauern übrig bleibt.“ Seien es die zollfreien Getreideimporte aus der Ukraine, die ungleichen Produktionsbedingungen zulasten jener, die Qualität anbieten, oder die niedrigen Preise, die der Handel durchsetze.
Auch einige Verschwörungstheoretiker unter Demonstranten
Unter die überschaubare Anzahl der Demonstranten mischten sich auch einige Verschwörungstheoretiker. Eine ältere Dame im Pelzmantel hatte einen Karton um den Hals hängen, auf dem – sinngemäß – das derzeit stattfindende Weltwirtschaftsforum in Davos als „Volksverrat“ angeprangert wurde; ein anderer Aktivist verteilte Buttons, welche die Weltgesundheitsorganisation WHO als Instrument zur Entmündigung und zur Durchsetzung von Machtinteressen desavouierten. Just zu diesem Thema hatte die FPÖ-Spitze am Vormittag eine Pressekonferenz abgehalten.
Zur Protestaktion hat die FPÖ aufgerufen, die versucht, parteipolitisch von der schlechten Stimmung unter vielen Bauern im Hinblick auf die kommenden Wahlen zu profitieren. Bisher wählt das Gros der Bäuerinnen und Bauern ÖVP, und der Bauernbund gilt in der Kanzlerpartei als mächtiger Block. „Die FPÖ will die Bauern instrumentalisieren“, sagt Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) bei einem Pressegespräch im Zuge der Grünen Woche in Berlin. In Österreich sei die Situation im Gegensatz zu Deutschland eine völlig andere. Dabei verweist der Minister auf Entlastungen wie den Stromkostenzuschuss oder Aufstockungen von agrarischen Unterstützungspaketen wie das 360-Millionen-Euro Impulsprogramm. Und Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger (ÖVP) empfiehlt darauf zu achten, wer in Wien wirklich auf die Straße geht. „Man sollte nicht nur Köpfe, sondern auch Traktoren zählen.“