Die Neuwahl-Debatte zeitigt nun doch konkrete Folgen: Dominik Wlazny alias Marco Pogo, Gründer der Bierpartei, lädt für Donnerstag zur Stellungnahme. Wäre der 37-jährige Wiener bereits ein Politiker, müsste man die Einladung als Ankündigung eines Rücktritts interpretieren. Weil der Mediziner, Musiker und Kabarettist aber in der Politik erst noch etwas werden will, ist die Vermutung zulässig, dass er seine Kandidatur für die Nationalratswahlen ankündigt. Nicht, dass die doch vorverlegt wird und ihm dann die Zeit davonläuft.
Die Chancen Wlaznys, der vor allem bei jungen Wählern punkten konnte, sind schwer abzusehen. Bei der Bundespräsidentenwahl 2022 überraschte er mit Platz drei und 8,3 Prozent. „Not amused“ über eine allfällige Kandidatur dürfte wohl Andreas Babler (SPÖ) sein: Wlaznys Prozente könnten diesem fehlen – und anderen Parteien vielleicht auch.
Mehr Politiker als Reinhold Lopatka (63) kann man kaum sein. Der Steirer beherrscht alle Tonarten und Themen. Umso bemerkenswerter, dass er beim ersten Auftritt als türkiser EU-Spitzenkandidat die umständliche Differenzierung zwischen Herbert Kickl (böse, nicht koalitionsfähig) und dessen FPÖ (nicht gut, aber noch koalitionsfähig) über Bord warf. Immerhin hatte sie kein Geringerer als Kanzler Karl Nehammer eingeführt.
Auch sonst machte der Neue Schluss mit einigen Usancen, etwa was den sanften Umgang mit Ungarns Viktor Orbán angeht. Lopatka erteilte dem schwierigen Nachbarn eine Absage, ohne zu verleugnen, dass es keine Alternative zur Kooperation gibt. Die Ansage „kein Diktat der Straße“ war da die leichtere Übung, zumal gegen die „Klimakleber“ gemünzt; ob auch gegen Bauernproteste, blieb offen.
Der Kanzler versammelte sein VP-Team am Dienstag in Krems zur Klausur. Was nach außen drang, war ein Schweigegelübde zu Neuwahlen. Das ist löblich, ist die Debatte für das Publikum doch längst mühsam und für altgediente „Schwarze“ strategisch irritierend. Sollte die ÖVP wirklich die Wahl vorziehen wollen, so ist jedenfalls der ehemalige Wiener VP-Chef Bernhard Görg überzeugt, „dann hätte man einen Krach mit den Grünen inszenieren müssen, an dessen Ende Nehammer den Grünen publikumswirksam den Stuhl vor die Tür setzt. Und nicht so wie jetzt es damit begründen, dass man einer krachenden Niederlage bei der EU-Wahl zuvorkommen möchte“.