Es entspringt einer alten Tradition, dass der ÖVP-Bundesparteiobmann in unregelmäßigen Abständen seine Landesparteichefs am Sonntagabend zu informellen Aussprachen nach Wien bittet. Das Treffen findet meistens in der Politischen Akademie statt, deren Abgeschiedenheit in einem Park unweit von Schönbrunn den Vorteil besitzt, dass die Spitzenpolitiker nicht zufällig irgendwelchen Journalisten und Paparazzi über den Weg laufen.
Auch im Vorfeld des gestrigen Parteivorstands pilgerten die mächtigen Landeschefs an diesem Sonntag nach Wien, allerdings ins Kanzleramt. An sich wollte ÖVP-Chef Karl Nehammer bei dem Treffen die Eckpunkte seines rund 50 Seiten umfassenden Österreichs-Plans, den er am 26. Jänner in einer Grundsatzrede in Wels präsentieren will, durchgehen. Auch sollte die EU-Spitzenkandidatur von Reinhold Lopatka abgesegnet werden.
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Teile der ÖVP drängen auf rasches Koalitionsende
Nach Informationen der Kleinen Zeitung poppte bei dem Treffen die Frage auf, ob man nicht doch bereits vor dem Sommer in Neuwahlen gehen sollte - statt den regulären Wahltermin am 29. September abzuwarten. Aus mehreren Erwägungen: Zum einen droht der ÖVP bei der EU-Wahl eine Schlappe, diese würde auch Nehammer angelastet werden. Zum anderen stellt sich die Frage, ob das von der Rede in Wels erhoffte Momentum bis in den Herbst aufrechtzuerhalten ist.
Noch ein drittes Motiv wurde bei dem nächtlichen Terim ins Treffen geführt. Offenbar sitzt in einigen Teilen der ÖVP, vor allem beim Wirtschaftsbund, die Verärgerung über die Grünen so tief, dass man auf ein schnelles Ende drängt. Die Überlegung, durch vorgezogene Neuwahlen Othmar Karas, der mit einer eigenen Liste liebäugelt, auf dem falschen Fuß zu erwischen, spielte offenbar keine Rolle.
Drexler und Stelzer stehen bei Neuwahlen auf der Bremse
Dem Vernehmen nach sprachen sich die Westachse, also der Tiroler Anton Mattle wie auch Vorarlbergs Markus Wallner, für eine Vorverlegung aus, etwas schaumgebremster der Salzburger Wilfried Haslauer. Wallner hat selbst Ende September/Anfang Oktober Landtagswahlen zu schlagen, eine Entzerrung kommt dem Vorarlberger sehr entgegen. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ließ keine eindeutige Präferenz erkennen, kann aber mit beiden Optionen leben.
Auf der Bremse standen Oberösterreichs Thomas Stelzer, vor allem aber der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler, der Ende November wählt. Bei einem Mai-Termin könnte im Herbst bereits eine Anti-Kickl-Koalition aus drei oder mehr Parteien stehen, die Freiheitlichen würden im steirischen Wahlkampf die Opferkarte ziehen. Nehammer, heißt es, präferiere den regulären Termin am 29. September, könne aber auch einer Vorverlegung was abgewinnen.
Vorzeitige Wahlen könnten U-Ausschüsse abdrehen
In einem Punkt waren sich alle Beteiligten einig: Ein Vorziehen sollte nur im Einvernehmen mit den Grünen erfolgen, die freilich wenig Lust auf einen früheren Termin haben. Zweite Hürde, die es zu überwinden gälte: Um im Mai zu wählen, müsste bereits im Februar das Parlament aufgelöst werden. Dies hätte aus ÖVP-Sicht den Vorteil, dass die U-Ausschüsse vorzeitig abgedreht werden, ehe sie überhaupt das Licht der Welt erblicken.