Herbert Kickl auf allen Kanälen, im E- wie im U-Programm. Selbst wenn die FPÖ, ob im TV, online oder in Tageszeitungen, in Politikformaten oder Comedyshows, leibhaftig gar nicht vertreten ist, dreht sich alles um die FPÖ und ihren Obmann. Die Möglichkeit, dass die Freiheitlichen stimmenstärkste Kraft bei den kommenden Wahlen werden könnten und der nächsten Bundesregierung nicht nur angehören, sondern diese sogar anführen könnten, lässt die Partei wie auch Person ihres Spitzenkandidaten ins Zentrum aller politischen Debatten rücken.
Welche Folgen hat diese mediale Dominanz? „Diese nutzt ausschließlich Kickl und der FPÖ“: Für diese Antwort muss der Kommunikations- und Medienexperte Peter Plaikner nicht lange nachdenken. Zudem seien auch die Versuche, zwischen der Partei und ihrem Obmann zu differenzieren, wie es insbesondere die ÖVP derzeit unternehme, wenig erfolgversprechend, ist er überzeugt.
Dass der Fokus der anderen Parteien auf die FPÖ und Kickl nicht schadet, glaubt auch Politologin Eva Zeglovits, Geschäftsführerin des Instituts für Empirische Sozialforschung (Ifes). Die Freiheitlichen würden versuchen, sich als einzige Partei, die sich dem „Establishment“ widersetze, zu positionieren. „Das lässt sich noch besser erzählen, wenn alle anderen Parteien sagen, die FPÖ ist böse“, sagt Zeglovits.
„Angstlust vieler Medien wie zu Haiders besten Zeiten“
Auch sei die häufige Wiederholung von FPÖ-Positionen riskant für die Konkurrenz. „Wenn ich sage, Kickl sagt x und ich finde das schlecht, habe ich es trotzdem gesagt.“ Dadurch könne sich auch der Diskurs verschieben, Positionen, die einst als extrem gegolten haben, in die politische Mitte rücken. „Je öfter etwas wiederholt wird, desto normaler wird es“, weiß die Meinungsforscherin.
Von einer „Angstlust vieler Medien wie zu Jörg Haiders besten Zeiten“ spricht der Grazer Politikwissenschafter Heinz Wassermann. Haiders Erfolg bei den Kärntner Landtagswahlen 1989 sei von den damaligen Medien geradezu herbeigeschrieben worden.
Aber ist der Fokus auf die FPÖ nicht gerechtfertigt, wenn die Partei in sämtlichen Umfragen deutlich an der Spitze rangiert? Ja, entgegnet Plaikner auf dieses Argument, „allerdings ist es ein wesentliches Versäumnis vieler Medien, diese Umfragen nicht für ihre Leserinnen und Leser korrekt einzuordnen“. Zu oft fehle bei den Dutzenden veröffentlichten Umfragen Angaben zu Schwankungsbreiten und Stichprobengrößen sowie ein Hinweis, dass diese häufig strategisch gezielt eingesetzt werden, sei es als Klickbringer für Medien oder von den auftraggebenden Parteien. Zudem taugen solche Umfragen lediglich als Momentaufnahme, aber nicht als Prognose für eine Wahl, die voraussichtlich erst in neun Monaten stattfindet, ist Plaikner überzeugt.
Auch Wassermann von der FH Joanneum betont die Verantwortung der etablierten Medien in puncto Nachrichtenwert: „Diese müssen wieder klarer unterscheiden, welche Geschichte eine echte Geschichte ist und nicht jedes ‚Hölzerl‘, das Kickl zugegeben sehr geschickt den Medien hinwirft, zur großen Story aufblasen. Wenn ich die Medienpräsenz der FPÖ in den vergangenen Wochen sehe, könnte man glauben, die Partei kratzt an der Verfassungsmehrheit.“
Ignorieren sei aber, das streicht Wassermann deutlich hervor, für seriöse Medien keine Alternative: „Zu den wichtigsten Aufgaben von unabhängigen Medien gehört die Information der Menschen.“