Ein regelmäßiger Gast ist FPÖ-Chef Herbert Kickl in der ZIB 2 nicht gerade. Anchor Armin Wolf rechnete im Vorjahr vor, dass er seit April 2020 mehr als 60 Mal abgesagt habe. Doch wie 2023 kam der blaue Obmann auch diesmal zu den traditionellen Parteichef-Interviews zu Beginn des Jahres. Das Gespräch mit Moderator Martin Thür blieb über weite Strecken ruhig, wurde erst am Ende hitzig, als es auch um die freiheitliche Finanzaffäre in der Steiermark ging.
Zu Beginn positionierte Kickl seine Partei als Wahrer der Neutralität. Er verwies darauf, dass er den Angriff der Hamas auf Israel verurteilt habe, es aber andererseits auch keine „überbordende Selbstverteidigung“ Israels geben dürfe. Der Auszug der FPÖ aus dem Sitzungssaal des Parlaments bei der Rede von Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj sei darin begründet gewesen, dass der Nationalrat keine „Bühne für Kriegsparteien“ zu sein habe. Und wenn, hätte man auch der zweiten Seite, also Russland, Gehör verschaffen müssen. Dies zu unterlassen, „verstößt gegen das Neutralitätsprinzip“.
Auf die von Ex-Verfassungsschutz-Chef Peter Gridling in einem Buch erhobenen Vorwürfe, dass die FPÖ zu enge Bande mit Russland unterhalten habe, reagierte Kickl verärgert. Gridling habe das BVT (heute DSN) als „Sauhaufen“ hinterlasssen. Wenn er nun in seiner Pension Weisheiten von sich gebe, nehme er dies nicht ernst.
Kickl für Mehrwertsteuer-Senkung
Der Regierung warf der FPÖ-Chef vor, ähnlich wie die SPÖ, die falsche Strategie bei der Inflationsbekämpfung gewählt zu haben. Man hätte in die Preise eingreifen müssen. Stattdessen habe die Regierung versucht, „die Menschen über Boni durch die Krise zu bringen und hat die Inflation damit verschärft.“ Einer Senkung der Mehrwertsteuer, auch wenn dies eine teure Maßnahme sei, stehe er nach wie vor positiv gegenüber. „Das wäre unbürokratisch.“
Dass die Landesregierungen in Salzburg und Niederösterreich mit ÖVP und FPÖ die Politikergehälter deutlich angehoben haben, erklärte Kickl so: „So sieht es aus, wenn der Koalitionspartner, und in dem Fall die Volkspartei, in Gesprächen nicht zu überzeugen ist.“ Und der FPÖ-Chef bekannte: „Ich habe mich nicht durchsetzen können.“ Man sei aber zur Überzeugung gekommen, dass es nicht wert sei, deshalb die Koalition zu brechen. Unter ihm als Kanzler werde es aber keine Erhöhung von Spitzengehältern in der Politik geben - und auch keine Haushaltsabgabe für den ORF.
Kunasek der „allerbeste Kandidat“
Fragen zu Asyl und „Remigration“ arteten mehr zu einem Scharmützel zwischen Kickl und Thür aus, in denen Kickl zunächst bekannte Positionen der FPÖ darlegte. Etwa einen absoluten „Asylstopp“. Ob er auch Staatsbürger ausweisen würde? Bei Personen, die von Geburt an einen österreichischen Pass hätten, gehe dies nicht, sagte Kickl. Bei jenen aber, die eingebürgert worden seien und dann „unsere Werte angreifen“, werde man eine „Rechtslage herstellen, dass man solchen Leuten wieder die Staatsbürgerschaft entziehen kann“, ergänzte der FPÖ-Chef.
Derzeit sind die Hürden zu einer Entziehung sehr hoch, da auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ein Recht auf Staatszugehörigkeit definiert. Deshalb kann die Republik nur sehr eingeschränkt, eine bereits verliehene Staatsbürgerschaft wieder entziehen. Bei einer Verurteilung wegen terroristischer Straftaten ist dies nur dann möglich, wenn keine Staatenlosigkeit eintritt (also bei Doppelstaatsbürgern). Nur beim freiwilligen Eintritt in den Militärdienst eines fremden Staates, etwa der Fremdenlegion, oder bei Spionage („Erhebliche Schädigung der Interessen oder des Ansehens der Republik im fremden Staatsdienst“) kann die Staatsbürgerschaft auch dann entzogen werden, wenn Staatenlosigkeit die Folge ist.
Als es um die Finanzaffäre der FPÖ in Graz ging, verteidigte Kickl den von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigten geführten steirischen Parteichef Mario Kunasek. Dieser sei der „allerbeste Spitzenkandidat“, deshalb herrsche auch Unruhe in der Steiermark. Ermittelt werde wegen eines „anonymen Käsezettels“ – was Thür berichtigte. Kickl blieb dabei: „Die Vorwürfe gehen ins Leere“. Auch nach dem Ibiza-Video habe es viele Vorwürfe gegeben, seither gebe es lauter Einstellungen. „Genauso wird es auch da sein“.