Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sieht nach Aufflammen des Nahost-Kriegs eine größere Gefährdung durch islamistische Einzeltäter. Verantwortlich dafür macht er hybride Kriegsführung mit Phänomenen wie Fake News und Desinformation. Die Gefährdungsstufe wieder hinuntersetzen will er gerade zu Jahresende nicht, sei dies doch eine Zeit, wo potenzielle Bedrohungen besonders hoch seien. Hoffnungen macht Karner, dass „Air Schengen“ für Rumänien und Bulgarien rasch kommen könnte.
Österreich blockiert ja als mittlerweile einziges Land der Union den Schengen-Beitritt der beiden osteuropäischen Länder. Karner gibt zu bedenken, der Ist-Zustand sei, dass es derzeit real kaum Schengen-Vollmitglieder gebe. Denn die meisten Staaten hätten wieder Grenzkontrollen zu Nachbarländern eingeführt.
Beitritt nur am Flugweg
Daher befürwortet er, sich zunächst einmal einen Beitritt nur am Flugweg anzusehen, gebe es hier doch keine Probleme mit illegaler Migration. Jetzt warte er auf Vorschläge der Kommission zur Umsetzung. Dabei geht es ihm um einen Schutz der EU-Außengrenze, verstärkte Grenzkontrollen am Landweg zwischen Bulgarien und Rumänien und darum, dass die beiden Länder auch Asylwerber aufnehmen, für die sie als Länder an den Außengrenzen an sich zuständig seien. Geschehe das, „dann kann das Air Schengen auch schnell gehen“. Über eine Vollmitgliedschaft zu reden, halte er für „reine Spekulation“.
Beim EU-Asyl- und Migrationspakt sieht der Minister einen „Schritt in die richtige Richtung“. Die detaillierten Vorschläge würden jetzt geprüft.
Noch keine Verständigung gefunden hat man bezüglich der Überlegungen, die Verfahren außerhalb der EU in sicheren Drittstaaten durchzuführen: „Da sind wir leider noch nicht so weit“, konzediert Karner, sieht aber Bewegung in die Diskussion gekommen: „Voriges Jahr waren wir nur zwei oder drei Befürworter, jetzt sind wir zweistellig“, sieht er etwa nun auch Unterstützung aus Deutschland.
Noch nicht zufrieden ist Karner mit der Asylsituation in Österreich, auch wenn heuer ein starker Rückgang an Anträgen zu verzeichnen war: „Österreich ist nach wie vor zu hoch belastet.“ Es sei zwar gelungen, in manchen bisher besonders belasteten Bezirken speziell im Burgenland die Aufgriffszahlen zu senken, doch müsse sich diese Entwicklung fortsetzen: „Es muss Ziel sein, weiter nach unten zu kommen.“
Latente Bedrohung
Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und den darauf folgenden Kampfhandlungen in Nahost hat laut Karner die Zahl der antisemitischen, aber auch der antimuslimischen Vorfälle an Dynamik gewonnen. So gebe es eine zunehmende, latente Bedrohung. Nicht jeder einzelne Radikalisierte sei dabei ein Attentäter, aber das Potenzial sei größer geworden. Um Täter bekämpfen zu können, plädiert der Innenminister einmal mehr dafür, der Exekutive den Zugriff auf Messenger-Dienste zu ermöglichen. Der Staatsschutz verfüge zwar wieder über eine internationale Vernetzung, womit der ein oder andere Fall durch Hilfe der Partner-Dienste aufgedeckt habe werden können. Doch da sich die Terroristen modernster Methoden bedienten, müsste das auch für die österreichischen Sicherheitskräfte möglich sein.
Bewusstseinsbildung ist Karners Thema in zwei anderen Sektoren. Zunächst geht es um die weiter boomende Internet-Kriminalität. Der Innenminister sieht hier insofern polizeiliche Erfolge, als man die Strukturen verbessert habe und es gelinge, zusätzliches Personal auch aus der Privatwirtschaft zu bekommen. Die Ermittlungsarbeit sei aber träge und schwierig, da diese Kriminalität international vernetzt sei. Daher bestehe zusätzlich die gesellschaftliche Aufgabe, in der Prävention noch mehr zu tun – also Bewusstsein zu schaffen, welche SMS oder WhatsApp man besser nicht aufmache.
Ebenfalls überlegen will Karner, wie man bei der Handynutzung am Steuer mehr für die Aufklärung tun könnte – bevor man nach härteren Strafen rufe. Die Zahl der Verkehrstoten habe nämlich wieder auf das Vor-Corona-Niveau zugenommen und in immer mehr Fällen ist das Mobiltelefon bei Unfällen im Spiel. Die Polizei habe die Aufgabe, hier intensiv zu kontrollieren. Vielleicht werde man noch den ein oder anderen Akzent setzen, deutet der Minister an.