Im Finale der Amtszeit der türkis-grünen Bundesregierung werden zwei Ministerinnen im Fokus stehen: Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadić (Grünen). Einige zentrale Reformvorhaben im Justizbereich harren nach wie vor einer Erledigung, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zur Sicherstellung von Handys erhöhte den Handlungsbedarf der Regierung zusätzlich.
Aus Interviews der vergangenen Tage, auch in der Kleinen Zeitung, ist vorerst nicht herauszulesen, dass sich die beiden Ministerinnen in ihren Positionen aufeinander zu bewegen. Bei der Neuaufstellung der Weisungskette will die ÖVP nur eine Person an der Spitze, die Grünen einen Dreiersenat. Dies war auch der Wunsch der von Zadić eingesetzten Expertengruppe zur Weisungsrechtsreform. Edstadler sagt dazu nun gegenüber der APA: „Es wird nicht so sein können in einer Demokratie, dass die Justiz sich aussuchen kann, wie die Weisungsspitze ausgestaltet ist.“ Eine breitere Einbindung sei nötig.
Edtstadler will Zugriff auf Messenger-Dienste
Im Zuge der gesetzlichen Reparaturarbeiten nach dem VfGH-Erkenntnis zu Datenauswertungen von Handys will Edtstadler auch über einen Zugriff der Strafverfolgungsbehörden auf Messenger-Dienste reden, wie das vom Innenministerium seit Monaten gefordert wird. Aus Sicht von Zadić habe die ÖVP „keine konsistente Linie“, da der Koalitionspartner einerseits mehr Rechtsschutz bei Handys begrüße, andererseits aber „weniger davon bei Massenüberwachungen fordert“, sagte Zadić zur Kleinen Zeitung. Edtstadler argumentiert mit Terrorabwehr, da mittlerweile viel Kommunikation über diverse Messenger-Dienste wie Signal und Whatsapp läuft, derzeit aber nur Telefone nach richterlicher Genehmigung abgehört werden können.
Nicht ablassen will die Verfassungsministerin von ihrem Wunsch, ein Zitierverbot im nicht-öffentlichen Ermittlungsverfahren zu etablieren, das von der Justizministerin abgelehnt wird. Da es bis Mitte des Jahres nach einem VfGH-Erkenntnis auch das „Medienprivileg“ - Ausnahmen für Medienunternehmen beim Datenschutzgesetz - zu reparieren gilt, zeigte sie sich offen, hier die beiden Themen zu verbinden.
„Gutes Einvernehmen“ mit den Grünen
Edtstadler sagte der APA, dass sie das oft als zahnlos kritisierte deutsche Modell nicht einfach abschreiben wolle, aber man Anleihen nehmen könne. Für sie zentral ist konkreter zu machen, was ein Zitierverbot umfasst. Dabei geht es ihr vor allem um wörtliche Zitate. Es gehe nicht an, dass man ganze Einvernahme-Protokolle wörtlich in der Zeitung lesen könne, so die Verfassungsministerin.
Dass speziell sie Probleme mit dem Koalitionspartner hat, bestreitet Edtstadler: „Ich habe ein sehr gutes Einvernehmen“, sagt sie mit Verweis auf den Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes. Doch sei sie als jemand bekannt, der Dinge auch anspreche. Daher habe sie sich - wiewohl nicht direkt ressortzuständig – auch zum Grünen-Vorschlag geäußert, Betroffenen von variabel verzinsten Immo-Krediten eine Umwandlung auf Fixzinskredite anzubieten. Hier seien rechtliche Fragen völlig ungeklärt, man könne nicht so einfach in bestehende Verträge eingreifen. Entscheidungen über Risiken auf Kosten Dritter zurückzunehmen, gehe in einem Rechtsstaat nicht.
Es war nicht das erste Mal, dass sich die Verfassungsministerin zu ressortfremden Themen äußerte. Das will sie auch weiterhin so handhaben, sagte sie im APA-Interview. Doch selbst die noch ausstehenden Reformen im Justizbereich, bei denen Edtstadler Verhandlerin auf Seiten der Volkspartei ist, werden ihr im kommenden Jahr eine hohe Medienpräsenz bescheren. Auch im Wahlkampf? Edtstadler gilt als chancenreiche Anwärterin für den österreichischen Posten in der EU-Kommission, die nach dem Sommer Form annehmen wird. Sollte die Ministerin nominiert werden, wird sie sich in der heißen Phase des Wahlkampfes zur Nationalratswahl innenpolitisch doch etwas zurücknehmen müssen.