Drei Jahre Pandemie, verpackt in 38 Empfehlungen. An drei Wochenenden im Herbst trafen sich 319 Österreicherinnen und Österreicher zu einem von der Bundesregierung initiierten „Dialogprozess“ zur Aufarbeitung der Pandemie. Ziel bei dem von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Institut für höhere Studien begleiteten Projekt war es, Lehren aus der Coronazeit für Krisen in der Zukunft zu ziehen. Ausgewählt wurden Teilnehmer mit vielfältigen Meinungen, die die Bevölkerung bestmöglich repräsentieren sollten. Folgende 38 Wünsche und Empfehlungen wurden erarbeitet:
- Die Politik soll spezielle Bildungsangebote in Schulen, aber auch außerschulisch anbieten, um den Umgang mit Krisen zu verbessern (z. B. Medienverständnis, politische Bildung, Empathie).
- Die Bevölkerung soll befähigt werden, selbstständig und kritisch zu denken, und es soll Anreize geben, Bildungsangebote anzunehmen (z. B. Medienverständnis, politische Bildung, Empathie).
- Die Politik soll der Bevölkerung Vertrauen schenken und sie dazu motivieren, sich auch ohne Verbote verantwortungsvoll zu verhalten.
- Die Bevölkerung soll an politischen Prozessen (Volksabstimmungen, Bürgerforen) teilnehmen und selbst solche organisieren.
- In Krisenzeiten soll die Bevölkerung füreinander sorgen und die Gemeinschaft durch Aktivitäten, wie beispielsweise Nachbarschaftshilfe, stärken.
- In Krisensituationen soll die Politik nicht streiten, sondern mit Expert:innen einheitlich auftreten und mit einer Stimme sprechen.
- In Krisensituationen sollen politische Entscheidungen mit den Ländern und der EU abgestimmt sein.
- Besonders in Krisenzeiten sollen „Information“ und „Meinung“ besonders klar getrennt und gekennzeichnet werden, was beispielsweise durch ein (Medien-)Gütesiegel gefördert werden kann.
- Der ORF und andere Medien sollen von der Politik unabhängig sein.
- Die Politik soll in einer Krise strenge rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, damit Fake News und Hass im Internet verfolgt werden können.
- Medien sollen ihre Quellen offenlegen müssen.
- Die fachliche Kompetenz der Politiker:innen soll durch eine spezifische Ausbildung verbessert werden.
- Die Politik soll nur informieren, aber keine Werbung für spezielle Medikamente oder Therapien machen.
- Die Politik soll langfristige Präventionspläne mit klaren Zuständigkeiten für verschiedene Krisenszenarien entwickeln.
- Die Politik soll die nötige Daten-Infrastruktur aufbauen, um in der Krise datenbasierte Entscheidungen und Kommunikation zu ermöglichen.
- Gerade in Krisensituationen soll die Politik auf hilfsbedürftige Gruppen (z. B. Kinder, Ältere) achten und den Zugang zu Hilfsangeboten unbürokratisch gestalten.
- Die Politik soll auch in der Krise langfristig gute Rahmenbedingungen erarbeiten, anstatt nur kurzfristige Lösungen zu suchen.
- Sozialberufe sollen speziell in Hinblick auf kommende Krisensituationen attraktiver gemacht werden (bspw. mehr Lohn) und in der Krise besonders gestärkt werden.
- In Krisen soll die Mobilisierung des Bundesheeres schneller möglich sein.
- In Krisen soll es verstärkt Angebote für die psychische Gesundheit geben (Krisentelefon, Schulangebote etc.).
- Gerade in Krisensituationen sollen Wissenschaftler:innen die Grenzen ihrer Disziplin kennen und offenlegen, was sie (noch) nicht wissen.
- Wissenschaftliche Erkenntnisse sollen einfach und zielgruppenspezifisch kommuniziert werden (bspw. in Fernsehsendungen oder auf Social Media).
- In der Krise soll die Wissenschaft die Ursachen der Krise und wichtige Themen im Zusammenhang mit der Krise untersuchen.
- Die Wissenschaft soll transparent und von Politik und Wirtschaft unabhängig sein.
- Auch in Krisen passieren Fehler: Die Politik soll ihre Fehler eingestehen, und die Bevölkerung soll dafür Nachsicht haben.
- Die Politik soll Maßnahmen transparent entwickeln, laufend unabhängig prüfen lassen und gegebenenfalls ändern.
- In der Krise soll die Politik die Wirtschaft stärker kontrollieren (z. B., um Krisenprofite zu verhindern).
- Die Politik soll regelmäßig Bürgerforen durchführen und die Ergebnisse veröffentlichen.
- Gerade in Krisenzeiten soll die Bevölkerung offen und respektvoll miteinander reden, einander zuhören und sich in die Situation von anderen hineinversetzen.
- In der Krise soll es Sprechstunden geben, in denen Politiker:innen und/oder Expert:innen Rede und Antwort stehen.
- Im Parlament soll zusätzlich eine repräsentative Gruppe an Bürger:innen aus ganz Österreich sitzen.
- Für jedes große Krisenthema sollte ein entsprechendes Gremium zur Verfügung stehen und die Vielfalt der wissenschaftlichen Expertise einbringen.
- Die Politik soll Anreize für (kostenlos zugängliche) Qualitätsmedien schaffen und die Medienvielfalt sicherstellen.
- In Krisensituationen sollen unterschiedliche Verhaltensweisen gleichermaßen toleriert werden (z. B., ob jemand eine Maske trägt oder nicht).
- Die Medien sollen alle Seiten und die Bandbreite aller Meinungen darstellen, nicht nur die einseitig extremen Positionen.
- Medien sollen in Krisenzeiten keine unnötige Angst erzeugen, sondern auch über Positives berichten.
- In den sozialen Medien soll die Bevölkerung selbst bestimmen können, welche (positiven/negativen) Krisennachrichten sie sehen will und welche nicht.
- In der Krise sollen Medien wissenschaftsbasierte Tipps für den Alltag geben.