Die Gesundheitsreform ist am Mittwoch im Nationalrat abgesegnet worden. Damit sollen der niedergelassene Bereich gestärkt, Spitäler entlastet und digitale Angebote ausgebaut werden. Etwas „Großartiges“ sei gelungen, meinte dazu etwa Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer. Weitaus kritischer fiel die Reaktion der Opposition aus.
Wahlärzte werden zur Teilnahme an E-Card-System und Elga verpflichtet
Die Grundmotivation für die Reform sei gewesen, die Situation der Patientinnen und Patienten zu verbessern, meinte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). In der gemeinsam mit dem Finanzausgleich paktierten Gesundheitsreform bekennt man sich zu einer überregionalen und sektorenübergreifenden Planung und Steuerung sowie zur Sicherstellung einer gesamthaften Finanzierung des gesamten Gesundheitswesens. Alleine für den niedergelassenen Bereich sind bis 2028 jährlich 300 Millionen Euro vorgesehen, für den spitalsambulanten Bereich 2024 550 Millionen Euro. Letzterer Betrag erhöht sich schrittweise, bis 2028 ergibt sich eine Summe von rund drei Milliarden.
Erleichtert werden soll die Gründung von Primärversorgungseinheiten, Gruppenpraxen und Ambulanzen. Bisherige Einspruchsmöglichkeiten der Ärztekammer etwa gegen neue Kassenstellen oder Ambulatorien der Sozialversicherungsträger entfallen. Diese hätten zu endlosen Verzögerungen geführt, so Maurer. Die Gesundheitsberatung 1450 soll ausgebaut, eine verpflichtende Diagnosecodierung im niedergelassenen Bereich eingeführt werden. Wahlärzte werden mit 2026 zur Teilnahme an E-Card-System und Elga verpflichtet.
Mit der Gesundheitsreform war der erste Tag der letzten Plenarwoche im Kalenderjahr gestartet. In einer Aktuellen Stunde zum Auftakt hatte sich die Opposition bereits geschlossen skeptisch gezeigt. Der geschäftsführende Klubchef der SPÖ, Philip Kucher, vermisste etwa ausreichende Mittel sowohl im Gesundheits- wie im Pflegesektor. Bei der Reform der Kassen sei eine Patientenmilliarde versprochen worden, die gebe es bis heute nicht, noch immer würde man etwa nach Kinderärzten suchen müssen. Die SPÖ fordert eine Facharzt-Garantie innerhalb von 14 Tagen. Die gesamte Reform wurde mit den Stimmen der Regierung beschlossen, bei einigen Punkten stimmte jedoch auch die SPÖ mit.
Kritik am Bewertungsboard
Anlass für Kritik bot auch das Bewertungsboard für ausgewählte Arzneispezialitäten. Er befürchte, dass auf Kosten der Patienten gespart werden, die für Medikamente wohl den Rechtsweg beschreiten müssten, merkte etwa Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker an. Rauch rückte zur Verteidigung aus. Derzeit müssten Spitäler mit Pharmafirmen intransparente Abkommen abschließen, um diese Medikamente zu bekommen. Mit dem Board werde Transparenz geschaffen.
Auch kritisierte Loacker, dass die Länder mit mehr Geld ihre Spitalsambulanzen unverändert so weiterbetreiben können wie bisher. Ebenso meinte der freiheitliche Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak, dass viel Geld an Länder und damit in Spitäler fließe, obwohl die Regierung Patienten doch eigentlich vom ambulanten in den niedergelassenen Bereich leiten wolle. Die Reform sei ein „Griff ins Klo“. ÖVP-Gesundheitssprecher Josef Smolle sah indes ein „zukunftsfähiges Konstrukt“. Das Geld für Spitalsreformen in den Ländern sei mit klaren Zielen verbunden, so gebe es eine Verlagerung vom vollstationären in den ambulanten Bereich.
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hatte sich bereits am Vormittag überzeugt gezeigt, dass man die Qualität in der Versorgung sicherstellen werde könne. Zudem zitierte er Lob von SPÖ-Landeshauptleuten für Finanzausgleich und Gesundheitsreform.
Beschlossen wurden am Mittwochabend auch die Finanzierung und nachhaltige Bereitstellung von „Frühen Hilfen“ – Unterstützungsangeboten zur Gesundheitsförderung bzw. Frühintervention in Schwangerschaft und früher Kindheit. 21 Millionen Euro werden von 2024 bis 2028 jährlich zur Verfügung gestellt.
Ebenso gab es einen Beschluss zu Medikamenten-Engpässen, die auf verschiedene Arten vermieden werden sollen. So sollen etwa Pharmafirmen und Arzneimittelhändler entschädigt werden, wenn ihnen aufgrund von behördlichen Bevorratungsanordnungen Zusatzkosten entstehen. Dabei geht es einerseits um die Abgeltung von Lagerkosten für betroffene Medikamente und andererseits um Entschädigungen für verfallene Wirkstoffe, sollten diese doch nicht benötigt werden. Die Regelung ist vorerst bis Ende 2027 befristet.