Über den Vorstoß des Innenministeriums zur Ausdehnung des Einsatzes von Asylwerbern zu gemeinnütziger Arbeit herrscht unter den Bundesländern nicht nur Uneinigkeit, sondern auch Verwirrung. Bei einem Treffen der Landes-Flüchtlingsreferenten am Donnerstag in Wien sollte ein Modell präsentiert worden sein, laut Darstellung des Wiener Stadtrats Peter Hacker (SPÖ) sei aber gar kein entsprechender Vorschlag vorgestellt worden.

Anders das Ministerium: Auf Anfrage der Kleinen Zeitung teilt man hier mit, dass den Landesräten sehr wohl ein Vorschlag unterbreitet worden sei. Konkret habe man die Reduktion des Taschengeldes (maximal 40 Euro pro Monat, Anm.) empfohlen sowie eine Umstellung von Geld- auf Sachleistungen und eine Ausweitung der Möglichkeiten für gemeinnützige Tätigkeiten. Bisher sind laut Gesetz Hilfstätigkeiten „für Bund, Land, Gemeinde und Gemeindeverbände“ vorgesehen. Nicht aber zum Beispiel für Vereine.

Kein Beschluss notwendig

Im Protokoll der Sitzung, das der Kleinen Zeitung vorliegt, findet sich dieser Vorschlag tatsächlich nicht. Über die Grundversorgung ist zwar laut Protokoll gesprochen worden, allerdings nur über die Valorisierung einiger Kostenhöchstsätze. Ebenfalls auf der Tagesordnung: Der Bund soll das Pilotprojekt zwischen dem Bund und Wien für eine Neuordnung der Kostenaufteilung in der Flüchtlingsbetreuung („Realkostenverrechnung“) auf einzelne andere Bundesländer ausweiten.

In der Stellungnahme des Innenministeriums wird darauf verwiesen, dass laut Rechtsexperten des Ressorts kein Beschluss der Landesreferenten nötig sei, weil es keiner Anpassung der bestehenden 15a-Vereinbarungen bedürfe. Anders formuliert: Was einzelne Länder, wie etwa Vorarlberg, forderten, sei ohnehin möglich.

In Vorarlberg feiert man einen Erfolg bei der Sitzung. Es sei grünes Licht für den Vorarlberg-Kodex gegeben worden, jubelte Landesrat Christian Gantner (ÖVP) in einer Aussendung. Man könne Sachleistungen und Taschengeld nun kürzen und werde davon auch Gebrauch machen, wenn Asylwerber nicht gemeinnützige Tätigkeiten leisten wollen. Wiens Hacker lehnt eine Reduktion des 40-Euro-Taschengeldes dagegen ab.

Sach- statt Geldleistung wird teurer

Dass der rechtliche Spielraum schon bisher bestand, wird von Lukas Gahleitner-Gertz, Jurist beim Verein Asylkoordination, bestätigt. In der Grundversorgungsvereinbarungen zwischen Bund und Ländern sind Kostenhöchstsätze genannt. Dennoch dürfe, so Gahleitner-Gertz, eine Kürzung nicht „sachlich unbegründet“ sein. Auch eine Umstellung von Geld- auf Sachleistungen ist heute bereits möglich. In der Regel erhalten Asylwerber zur Verpflegung Bargeld, wobei das Essensgeld rund 6,50 Euro pro Tag beträgt. In der Steiermark sind es maximal 195 Euro pro Monat.

Der Asylrechtsexperte warnt, dass eine Umstellung auf Lebensmittelmittelgutscheine dem Staat teurer käme. Anbieter derartiger Gutscheinsysteme werden dies kaum zum Nulltarif für die Republik organisieren. Eine Kürzung des Essensgeldes sieht Gahleitner-Gertz als „unzulässig“, wie er sagt. Das Problem sei außerdem derzeit, dass es viel zu wenige Betätigungsfelder für Asylwerber gebe. Die Nachfrage nach Hilfstätigkeiten übersteige das Angebot bei weitem.

Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass über eine Verpflichtung von Asylwerbern zur gemeinnützigen Arbeit diskutiert wird. 2016 hatte dies der damalige Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) gefordert. Der Gemeindebund kritisierte damals, dass der Einsatz von Asylwerbern viel zu bürokratisch sei. Auch Haftungsfragen hatten die Bürgermeister beschäftigt. An der Rechtslage hat sich seither kaum etwas verändert. Heute steht der Gemeindebund dem Vorarlberg-Kodex „grundsätzlich neutral“ gegenüber.