Die Österreicherinnen und Österreicher sind skeptisch. Das legt zumindest die am Mittwoch veröffentlichte Eurobarometer-Umfragen des Europäischen Parlaments nahe. 22 Prozent bewerten hierzulande die EU-Mitgliedschaft negativ, nur 42 Prozent positiv – das ist der geringste Zustimmungswert unter allen Mitgliedstaaten. Ähnlich skeptisch sind nur die Menschen in Italien (43 Prozent) und Tschechien (44 Prozent). Besonders EU-freundlich zeigten sich die Luxemburger (86 Prozent), im Schnitt der 27 Mitgliedstaaten sahen zumindest sechs von zehn Befragten die Mitgliedschaft als „gute Sache“.
Bei anderen Fragestellungen ergab sich ein ähnliches Bild. In einer ebenfalls heuer veröffentlichten Eurobarometer-Umfrage fühlten sich weniger als die Hälfte der österreichischen Befragten der EU zugehörig, geringer war der Wert erneut nur in Tschechien und Frankreich. In den Spitzenreitern Luxemburg und Polen waren es dagegen rund acht von zehn.
„Wenn etwas unpopulär ist, dann ist es die EU“
19 Abgeordnete zum EU-Parlament stellt Österreich aktuell, am stärksten vertreten ist dabei die ÖVP. „Wir sind eine subsidiär geprägte Gesellschaft mit einem subsidiär geprägten Staat – wir sind skeptisch gegenüber zentralistischen Lösungen“, mutmaßt der EU-Abgeordnete Lukas Mandl, der sich bei der sich beim Urnengang im Frühsommer wohl für die Volkspartei der Wiederwahl stellen wird. Außerdem werde die EU im politischen Diskurs oft negativ dargestellt. Letzteres betont auch Helmut Brandstätter, derzeit außenpolitischer Sprecher der Neos, der sich für die pinke EU-Spitzenkandidatur beworben hat. „Wenn etwas gut läuft, dann ist es die heimische Politik. Wenn etwas unpopulär ist, dann ist es die EU.“
Dass es vor allem die Darstellung durch die Politik ist, die das unvorteilhafte Bild der EU in Österreich prägt, glaubt auch Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle. „Für die Linken sind es die Lobbyisten, für die Rechten die Zentralisten“, sagt sie. Gleichzeitig fehle es in der Bevölkerung an Wissen, wo Österreich wirtschaftlich von der Mitgliedschaft profitiere oder welche Projekte durch EU-Mittel unterstützt werden. „Wenn wir über die EU reden, dann geht es um die Gurkenkrümmung und Zuckerpackerln. Und unsere boulevard-lastige Medienlandschaft greift diese Themen auf.“ Auch in der Schule werde wenig Wissen über die Staatengemeinschaft vermittelt.
Anhaltender FPÖ-Erfolg als Faktor
Aber ist das in anderen Mitgliedstaaten anders? EU-skeptische Stimmen gibt es schließlich fast überall in Europa. Erst kürzlich fuhr etwa die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders in den Niederlanden einen überraschenden Wahlsieg ein, die die Niederländer über einen „Nexit“ abstimmen lassen möchte.
„Was allerdings einzigartig in Österreich ist, ist die Stärke der FPÖ als EU-kritische Partei über Jahrzehnte hinweg“, erklärt Paul Schmid, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. „Und auch Zentrumsparteien geben gerne EU-kritische Töne von sich.“
EU-Austritt kommt für Mehrheit nicht infrage
Das bestätigt auch Stainer-Hämmerle. Die FPÖ habe schon unter Jörg Haider einen EU-skeptischen Kurs eingeschlagen, etwa im Migrationsbereich werde die Schuld oft Brüssel gegeben. Und auch die ÖVP stimme immer wieder in die EU-Kritik ein, etwa beim Veto gegen den Schengen-Beitritt Rumäniens und Bulgariens.
Schmid weist allerdings darauf hin, dass die weniger ausgeprägte EU-Euphorie der Österreicher nicht direkt mit einer Ablehnung der Staatengemeinschaft gleichzusetzen sei. Stattdessen gebe es viel Unsicherheit, wie die Mitgliedschaft zu bewerten sei. Das zeige sich auch bei den Eurobarometer-Ergebnissen: Immerhin wählten ganze 35 Prozent die Antwortmöglichkeit, die EU sei „weder eine gute noch eine schlechte Sache“. „Beim Weder-Noch gehören wir zu den Europameistern“, sagt Schmid. Ein „Öxit“, also ein EU-Austritt Österreichs, kommt somit für die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher jedenfalls nicht infrage. Dazu führt die Gesellschaft für Europapolitik regelmäßig Umfragen durch. „Im Durchschnitt der vergangenen Jahre wollen 70 Prozent bleiben“, sagt Schmid.