Am Dienstag wird die Gesundheitsreform ab 10 Uhr im zuständigen parlamentarischen Ausschuss verhandelt. Die Sitzung ist bis 13 Uhr angesetzt, was bei der sehr umfassenden Tagesordnung ambitioniert scheint. Zumal es auch noch Diskussionsbedarf gibt. Am Montag kritisierte die Opposition vor allem das geplante Bewertungsboard für innovative, aber sehr teure Medikamente.
Konkret ist geplant, das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz zu ändern und ein nationales Gremium einzurichten, das den Einsatz von sehr hochpreisigen, spezialisierten Medikamenten bewerten soll. Dass es Bedarf an derartigen Bewertungen gibt, offenbart die Tatsache, dass die Länder als Spitalsträger vor einigen Jahren solche Gremien eingerichtet haben. Auch international sind Bewertungsboards üblich.
Eine Therapie für zwei Millionen Euro
Die Innovationskraft der Pharmaindustrie ist hoch. Weil aber in die Erforschung neuer Therapien sehr viel Geld fließt, werden neue Arzneimittel mitunter auch sehr teuer. So gibt es etwa Gentherapien für seltene Krankheiten, bei denen eine einzige Behandlung über zwei Millionen Euro kostet. Ähnliche Entwicklungen sind auch bei Krebstherapien zu sehen.
Bei Spitalsträgern nachgefragt, wird ein hoher Druck der Pharmawirtschaft auf die Ärzteschaft beschrieben. Die Bewertungsboards sollen dem entgegenwirken, damit eben nicht die einzelne Oberärztin allein die Entscheidung treffen muss, ob das sehr teure neue Medikament eingesetzt werden soll oder nicht. Andererseits wird befürchtet, dass das nationale Board Entscheidungen nach ökonomischen Kriterien trifft.
Kritik der Opposition
In diese Richtung geht auch die Kritik der Opposition. Die FPÖ spricht gar von „Sterbekommissionen“, SPÖ-Klubchef Philip Kucher befürchtet, dass Menschen nun „Preisschilder“ erhalten. Dies dürfe in dieser Form nicht kommen, so Kucher. Ähnlich auch die Neos: Gesundheitspolitik dürfe nie nur einseitig die Sparziele des öffentlichen Gesundheitswesens abbilden, sagte die Abgeordnete Fiona Fiedler. Auch die Zusammensetzung des Boards mit Vertretern von Bund, Ländern und der Sozialversicherung, aber nur ergänzt durch drei Wissenschaftler, wurde kritisiert.
Gesetzlich ist tatsächlich vorgesehen, dass das Gremium den „medizinisch-therapeutischen Zusatznutzen […] in Zusammenschau mit der Wirtschaftlichkeit“ bewertet und zudem über „Anwendung bzw. Nichtanwendung“ entscheidet. Eine Verpflichtung der Spitalsträger, sich an diese Entscheidung zu halten, ist aus dem Entwurf aber nicht herauszulesen.
Gefahr des Negativwettbewerbs
Dass nun ein nationales Bewertungsboard eingerichtet wird, war auch ein Wunsch der Länder. In der Vergangenheit, so wird berichtet, hätten sich Spitalsträger bei der Verwendung teurer Medikamente zurückgehalten. Vor allem Wien sah sich hier unter großem Druck. Ein nationales Board soll einen Negativwettbewerb verhindern und gemeinsame Grundlagen schaffen.
Bei der Kritik der Besetzung des Boards wird auf die im Gesetzesentwurf vorgesehene fachliche Eignung der Mitglieder verwiesen. Wörtlich ist von „fachkundigen Vertretern“ zu lesen. Das lässt einen gewissen Interpretationsspielraum, auch, wenn in den Erläuterungen zum Entwurf eine Präzision erfolgt („Wissen aus den Bereichen Pharmazie oder Humanmedizin“).
Nicht vorgesehen ist derzeit, einen gemeinsamen Topf einzurichten, aus dem teure Medikamente finanziert werden. Die Innovation einiger Mittel besteht auch darin, dass sie nicht mehr in Krankenhäusern verabreicht werden müssen, sondern die Therapie auch im niedergelassenen Bereich erfolgen kann. Für diesen Bereich gilt der Erstattungskodex, der schon bisher regelt, welches Präparat es „auf Kasse“ gibt.