Es soll schon vorgekommen sein, dass die Bundesregierung die Einigung über ein koalitionäres Streitthema nicht nur einmal, sondern zwei- oder sogar dreimal der Öffentlichkeit präsentierte. Weil doppelt besser hält und alle guten Dinge drei sind. Beim Kompromiss zum Thema „längeres Arbeiten“ gab es weder Ankündigung noch gemeinsame Pressekonferenz, die Grünen überließen der Volkspartei ein Solo.

ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger präsentierte mit Seniorenbund-Chefin Ingrid Korosec die geplanten Neuregelungen, die schon im November per Initiativantrag ins Parlament eingebracht werden sollen. Sie sollen Anreize bringen, später in Pension zu gehen sowie in der Pension weiterzuarbeiten. Die Kanzlerpartei sieht in den Beschlüssen ein „Leistungspaket“ und verband in einer Aussendung die nunmehrige Einigung mit bereits erfolgten wie die steuerlichen Entlastungen von Überstunden.

Effekte werden 2025 evaluiert

Koalitionärer Streitpunkt war vor allem die finanzielle Förderung von arbeitenden Pensionisten. Die ÖVP wollte deren Beiträge zur Pensionsversicherung gestrichen sehen, die Grünen befürchteten dadurch negative Folgen für ältere, aber noch nicht pensionierte Beschäftigte – weil diese dann den Betrieben deutlich teurer kämen. Der Kompromiss: Bis zur doppelten Geringfügigkeit (circa 1040 Euro) entfallen nun diese Beiträge, wobei der Bund der Pensionsversicherungsanstalt die Abgänge kompensiert. Diese Maßnahme wird vorerst temporär eingeführt und soll 2025 evaluiert werden.

„Wer freiwillig in der Pension arbeitet, für den soll es sich auch stärker lohnen“, sagte Korosec, die sich auch über die Erhöhung des Bonus für die Herauszögerung des Pensionsantritts freute. Wer über das Regelalter hinaus tätig ist, ohne die Pension in Anspruch zu nehmen, erhielt bisher 4,2 Prozent Bonus pro Jahr, dies wird nun auf 5,1 Prozent erhöht. Die ÖVP rechnet vor: Für eine Pension von 2.200 Euro bedeutet dies ein höheres Lebenspensionseinkommen von gut 20.000 Euro, wenn drei Jahre länger gearbeitet wird.

Information über Vorteile des längeren Arbeitens

Eine Härtefallregel soll außerdem harte Konsequenzen bei einer geringen Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze bei Erwerbstätigkeit neben der Korridorpension verhindern. Zudem will die Regierung eine verbesserte Information von Personen vor ihrem Pensionsantritt gesetzlich verankern. Hier sehen die Grünen einen großen Hebel für die Anhebung des Pensionsalters. „Viele Menschen wissen gar nicht, wie viel zusätzliche Pension sie erhalten, wenn sie ein oder zwei Jahre später in Pension gehen“, heißt es aus dem Sozialministerium.

Die Neos sehen die Maßnahmen als zu klein und nicht geeignet. „Um unseren Wohlstand nachhaltig zu sichern, reicht es einfach nicht, an kleinen Schräubchen zu drehen – wir brauchen echte Anreize“, sagt Sozialsprecher Gerald Loacker. Auch die Wirtschaftskammer zeigte sich enttäuscht. Der Entfall eines Teils der Versicherungsbeiträge gehe zwar in die richtige Richtung. „Wir hätten uns aber einen Entfall aller Abgaben beim Weiterarbeiten nach dem Erreichen des Pensionsalters gewünscht“, sagte WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf.