Weniger spannend als im Juni soll der Parteitag Mitte November werden —  und gleich beim ersten Mal ein korrektes Ergebnis liefern. So weit die Hoffnung der SPÖ. Denn nach dem außerordentlichen Parteitag im Frühsommer, der den Rahmen der chaotischen Kür Andreas Bablers zum roten Vorsitzenden bildete, treten am Samstag und Sonntag die rund 600 Delegierten zum 46. ordentlichen Bundesparteitag in Graz erneut zusammen, um die Weichen für die Zukunft der Partei zu stellen. Für Babler ist es eine Bewährungsprobe, wie mehrheitsfähig die von ihm gesetzten Schwerpunkte innerhalb der eigenen Reihen tatsächlich sind.

Nach der Bundeskonferenz der SPÖ-Frauen am Freitag stehen am Samstag nicht nur Bablers Bestätigung an der Parteispitze, sondern auch die Abstimmung über die von ihm forcierte Statutenreform auf dem Programm. Angenommen werden sollen auch diverse Leitanträge, darunter jener, „Leistbares Leben“ als Staatsziel in der Verfassung zu verankern. In anderen Anträgen fordern die Genossen etwa eine sechste Urlaubswoche, eine Pilotphase für die Arbeitszeitverkürzung und die Möglichkeit, Feiertage, die auf ein Wochenende fallen, unter der Woche „nachzuholen“.  Der Sonntag wird dann im Zeichen der EU-Wahl stehen, die Delegierten sollen die bereits im Parteivorstand beschlossene Wahlliste mit Andreas Schieder an der Spitze absegnen.

Mehrere Bruchlinien innerhalb der SPÖ

Dabei ortet Meinungsforscher Peter Hajek allerdings gleich mehrere „Bruchlinien“ in den roten Reihen. Die SPÖ Wien hält etwa seit jeher wenig von der Forderung, den Parteimitgliedern mehr Mitspracherechte einzuräumen. Im Parteivorstand kam das einstimmige Ja zu der entsprechenden Statutenreform nur dank Enthaltung der Wiener Genossen zustande. Dass der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig nicht mehr für die Bundesgremien kandidieren wird, zeugt ebenfalls nicht von großer Einigkeit zwischen Bund und Bundeshauptstadt — auch wenn beide Seiten betonen, dass der Rückzug nicht als Angriff zu verstehen sei.

Für Verwerfungen mit dem Burgenland sorgte wiederum die kürzlich beschlossene EU-Wahlliste, die den Kandidaten aus dem einzigen Bundesland mit SPÖ-Alleinregierung auf den aussichtslosen siebenten Platz verwiesen hätte. Nun will die Landespartei von Hans Peter Doskozil gar keine Kandidaten für Brüssel aufstellen. Unumstritten ist auch der zu beschließende Leitantrag nicht: Dieser zeuge von „ökonomischem Unverständnis“, richtete der Linzer SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger den Genossen in der Löwelstraße aus, auch der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer zeigte sich skeptisch.

Entscheiden werden am Samstag und Sonntag die insgesamt 613 Delegierten. Alle Mitglieder des Bundesparteivorstandes sind stimmberechtigt, gewichtig sind auch die 50 Stimmen der roten Gewerkschafter sowie die 30 des Bundesfrauenvorstandes. Eine einstellige Anzahl von Delegierten entsendet zudem eine Vielzahl von Teilorganisationen und der Partei nahestehende Vereine, vom SPÖ Wirtschaftsverband über die Sozialistische Jugend bis hin zu den Red Bikers, der Motorradverein der Sozialdemokratie. Insgesamt kommen dabei übrigens 51 Delegierte aus der steirischen SPÖ-Landesorganisation, 27 aus Kärnten.

„Brandreden vor dem eigenen Publikum kann Babler“

Hajek rechnet damit, dass Leitanträge und Statutenreform von den Stimmberechtigten abgesegnet werden — fraglich sei eher, wie viel „Fleisch“ die Kompromisslösungen am Ende der Abstimmung noch haben würden. „Davon wird aber die politische Beurteilung abhängen“. Ähnlich sieht das auch Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle und verweist auf die Statutenreform für mehr Basisdemokratie, die am Samstag wohl nur „halbherzig“ angenommen werden wird. Zwar sollen die Parteimitglieder künftig den SPÖ-Vorsitz wählen dürfen, allerdings nur, wenn es mehr als einen Kandidaten für den roten Spitzenposten gibt. Von einem von Babler gewünschtem Recht der Basis, auch über künftige Koalitionsabkommen abzustimmen, ist dagegen keine Rede mehr. „Selbst wenn alles über die Bühne geht, wird es für Babler schwierig sein, den Parteitag als Triumph zu inszenieren“, glaubt die Politologin deshalb. Gleichzeitig biete der Parteitag dem neuen Mann an der Parteispitze aber immerhin eine Bühne, eine seiner Stärken auszuspielen: „Brandreden vor dem eigenen Publikum kann er“, sagt Stainer-Hämmerle.

Das Interesse am Parteitag ist jedenfalls groß, die Besucherplätze sind schon seit längerem ausgebucht. Einer wird jedoch fernbleiben: Bablers Rivale bei der Mitgliederbefragung Hans Peter Doskozil bleibt am Wochenende im Burgenland. Als Grund wird eine „Terminkollision“ mit dem Landesfeiertag am 11. November genannt.