Es war ein Journalist der Kleinen Zeitung, der ehemalige Chef vom Dienst Christian Weniger, der den Fall ins Rollen gebracht hat. Vor fünf Jahren begann Weniger, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um eine Reparatur der österreichischen Ehrenzeichen-Bestimmungen auf den Weg zu bringen. Bei seinen Recherchen zur Geschichte des Verfassungsgerichtshofs stieß er beiläufig auf den Fall Globke. Der ehemalige Berater des deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer hatte 1956 den zweithöchsten Orden der Republik erhalten. Nach seinem Tod wurde das Ausmaß von Globkes Involvierung in die NS-Maschinerie erst öffentlich. Globke war einer der Mitverfasser der Nürnberger Rassengesetze.
FPÖ: „Ist reine Symbolpolitik“
Mit großer Mehrheit hat der Nationalrat am Donnerstag eine Reform der Ehrenzeichengesetze, die unter anderem die Aberkennung von Ehrenzeichen ermöglicht, beschlossen. Anlassfall war der Mitverfasser der nationalsozialistischen Rassengesetze Hans Globke. Ihm kann nun posthum das Ehrenzeichen entzogen werden. Nur die FPÖ stimmte gegen die Gesetzesänderung und sprach von „reiner Symbolpolitik.“
ÖVP: „Ein beschämender Akt“
ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS übten deshalb scharfe Kritik an der FPÖ. Es sei „beschämend“, dass kein einstimmiger Beschluss möglich sei, kritisierte der ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl und Verfassungsminister Karoline Edtstadler (ÖVP) in ihren Reden. Die Aberkennung von Ehrenzeichen sei nicht der richtige Weg, begründete die FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst die Ablehnung ihrer Partei. „Wir stellen uns grundsätzlich gegen die Demontage der eigenen Geschichte“, so Fürst.
Grüne: „FPÖ fehlt der moralische Kompass“
Dass dies mit der Reform passiere, wiesen die Redner aller anderen Parteien zurück. Verurteilten Verbrechern und Nationalsozialisten Ehrenzeichen abzuerkennen sei keine Demontage, sondern die Übernahme der Verantwortung für die Geschichte, erklärte die SPÖ-Abgeordnete Muna Duzdar. Die Grünen-Mandatarin Eva Blimlinger stimmte die Ablehnung der FPÖ „bedenklich“, weil hier der moralische Kompass überhaupt nicht mehr funktioniere. Ein Ehrenzeichen sei keine Momentaufnahme, sondern bedeute auch Verantwortung zu tragen, so Edtstadler: „Wer ein Ehrenzeichen trägt, ist ein Aushängeschild für unsere Nation und sollte Vorbild sein.“ Ein Mensch, der an den Nürnberger Rassengesetzen beteiligt gewesen sei, sollte keine Möglichkeit haben, ein Ehrenzeichen der Republik Österreich zu tragen, sagte Nikolaus Scherak von den NEOS, die den Gesetzesantrag eingebracht hatten, mit Blick auf Globke.
Die Causa Globke
Unterschiedliche Ansichten gab es darüber, ob man zum Zeitpunkt der Verleihung des Ehrenzeichens an den 1973 verstorbenen Globke bereits von dessen Rolle in der NS-Zeit wusste. 1956, als dem damaligen Mitarbeiter des deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer das „Große Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich“ verliehen wurde, habe noch niemand gewusst, dass er ein Mittäter der NS-Diktatur war, erklärte Gerstl. Dem widersprachen SPÖ und Grüne. Es sei längst an der Zeit die skandalöse Ehrenzeichenvergabe aufzuarbeiten, forderte Duzdar.
Tritt am 1. Jänner 2024 in Kraft
In Kraft treten soll das neue Bundes-Ehrenzeichengesetz am 1. Jänner 2024, wobei die Möglichkeit zur Aberkennung von Ehrenzeichen auch für davor verliehene Auszeichnungen gelten soll. Grund für die Aberkennung können gerichtliche Verurteilungen wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben oder die sexuelle Integrität, vorsätzlich begangene Straftaten gegen verfassungsmäßige Einrichtungen Österreichs oder Verstöße gegen das Verbotsgesetz sein. Zudem ist auch eine in der Vergangenheit eingenommene führende Rolle in einer nationalsozialistischen Organisation ein Aberkennungsgrund.