Der Tross ist in den Süden weitergezogen. Nach EU-Gipfel in Brüssel und G7-Treffen in Elmau parken die Flugzeuge der Staatenlenker nun in Madrid beim Nato-Gipfel. Viele meinen, es sei der wichtigste Gipfel in der Nato-Geschichte, wieder einmal ist von "historisch" die Rede. Tatsächlich: Das transatlantische Bündnis steht an einem Wendepunkt.
Schon am ersten Tag gab es eine Erfolgsmeldung: Ein Treffen der beitrittswilligen Finnland und Schweden mit der Türkei löste die Blockade des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Man unterzeichnete ein "Memorandum of understanding", damit sollte der Weg in die Nato frei sein. Erdogan hatte sein Veto ursprünglich damit begründet, die beiden Länder würden "Terroristen" Unterschlupf bieten.
Eingreiftruppe aufgestockt
Am Montag erst hatte Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärt, dass die schnelle Eingreiftruppe von 40.000 auf 300.000 Mann aufgestockt wird. Putins Krieg gegen die Ukraine hat die Bedrohungslage für die westlichen Länder klar definiert: Der potenzielle Feind sitzt im Osten und heißt Russland. Der Kreml reagierte auf die Ankündigung säuerlich: Die Nato sei ein "aggressiver Block", man werde im Gegenzug die westliche Grenze militärisch stärken.
In Madrid will man indessen die Militärallianz auf neuen Kurs bringen. Basis ist das strategische Konzept 2022, das nicht nur die Verteidigung, sondern auch Sicherheit und Stabilität im Fokus hat. Die volle Unterstützung der Ukraine (Waffen, Logistik und Hilfsgüter) wird in diesem Zusammenhang klar festgehalten, die Nato beschäftigt sich aber auch mit Nahrungsmittelknappheit, Cyberattacken, Klimawandel und anderen Bedrohungen in einer laut Stoltenberg "immer gefährlicheren Welt".
Stärkung europäischer Kräfte
Es geht um die Stärkung der europäischen Kräfte, die sich nicht länger auf die USA als alleinigen Retter in der Not verlassen können. Gleichzeitig machten die USA aber klar, dass sie ihre Präsenz auf europäischem Boden verstärken wollen. So wurde am Rande des Gipfels bekannt, dass US-Präsident Joe Biden und Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez eine Verstärkung der amerikanischen Marinestreitkräfte in der südspanischen Basis Rota vereinbart haben. Statt bisher vier sollen auf dem gemeinsam genutzten Marinestützpunkt bei Cádiz künftig sechs US-Zerstörer permanent einsatzbereit sein, teilten beide Regierungen nach dem gut einstündigen Treffen in Madrid mit. Die Zahl der in Rota stationierten US-Soldaten soll von 1200 auf 1800 erhöht werden.
Österreich nimmt teil
Erstmals sind die Staats- und Regierungschefs von Australien, Japan, Südkorea und Neuseeland beim Nato-Gipfel dabei. Heute nimmt auch Österreich teil, Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) wird heute in den Abendstunden ebenfalls mit Erdogan zusammentreffen, dabei wird es um Ernährungssicherheit und grüne Korridore aus der Ukraine gehen.
Nehammer: "Die Zusammenarbeit mit der Nato ist wichtiger Bestandteil der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik der EU. Wir müssen in Zeiten wie diesen umso stärker zusammenarbeiten." Gerade der russische Angriffskrieg in der Ukraine habe gezeigt, dass essenzielle Fragen der Sicherheit nur in der Gemeinschaft gelöst werden können, so der Kanzler. "Wir dürfen nicht aufhören, für die Chance auf Frieden alles in unserer Macht Stehende zu tun. Es ist daher wichtig, dass der Istanbuler Prozess weiter fortgeführt wird."