Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) spielt mit dem Feuer, wenn er die vorübergehende Abschaffung des EU-Beihilfenrechts fordert. Und er bedient sich einer Wortwahl, die man „ung´schauter“ dem rechten Rand zuordnen würde. "Ich habe kein Verständnis dafür, wenn wir mit österreichischem Steuergeld andere Länder unterstützen und dafür im Gegenzug ein Verbot bekommen, unsere eigenen Unternehmen mit unserem eigenen Steuergeld zu unterstützen", sagte er und meinte damit: die EU verhindert, dass Österreich „seinen“ Betrieben helfen darf.
Nichts davon ist nachvollziehbar, das hielt man auch postwendend bei der EU-Kommission in Brüssel fest. Die EU hat als eine der ersten Sofortmaßnahmen die Regeln für Staatsbeihilfen aufgemacht, einzige Bedingung: die Länder müssen ihre Entscheidungen melden. Was früher oft Wochen und Monate gedauert hat, wird nun innerhalb weniger Stunden freigegeben.
Auf diese Weise wurden bisher österreichische Staatsbeihilfen im Ausmaß von 15 Milliarden Euro anstandslos genehmigt, erst am Freitag kam grünes Licht für eigene Staatshilfen für Klein- und Mittelbetriebe in Höhe von bis zu 500.000 Euro pro Betrieb. Was also noch? Das von Blümel angerissene „Steuergeld für andere Länder“ bezieht sich wohl auf die Kurzarbeit und das von der Kommission unter dem Namen „Sure“ entwickelte Modell, das für ganz Europa durch Staatsgarantien (und nicht durch Zahlungen) 100 Milliarden Euro freischlägt; nicht nur, das das auch Österreich selbst zugute kommen kann, ist es auch im EU-Parlament und im Rat der Finanzminister ebenso beschlossen worden, wie es voraussichtlich diese Woche noch beim Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs durchgehen wird.
Während Ratspräsident Charles Michel händeringend von einer dringend erforderlichen „Reparatur des Binnenmarktes“ spricht, will der österreichische Finanzminister den Binnenmarkt gleich einmal außer Funktion setzen. Dabei geht es bei den Wettbewerbsbedingungen ja nicht darum, Staatshilfen zu verhindern, sondern vielmehr einen fairen Wettbewerb zu garantieren und damit Unternehmen zu schützen. Was passiert, wenn die Regeln – auch nur vorübergehend – nicht mehr gelten? Dann können die reichen Länder auf Teufel komm raus ihre Industrien mit viel Geld durch die Krise bringen – und die armen (und kleinen) Länder haben das Nachsehen. Das wäre ein Schuss ins eigene Knie. Wenn zum Beispiel Deutschland seine Stahlindustrie unbegrenzt und unkontrolliert pushen darf, wie sollen dann kleinere Unternehmen anderer Länder mithalten können? Kaum vorstellbar, dass das im Sinne Österreichs ist. Nach pro-europäischer Haltung des türkisen Finanzministers schaut das jedenfalls nicht aus.