Place Sainctelette. Der Platz, an dem der Attentäter das Feuer eröffnete, findet sich vermutlich in keinem Touristenführer, obwohl sehr viele Menschen dort jeden Tag vorbeikommen. Einer der vielen Tunnel des inneren Rings stößt hier an die Oberfläche, die Auf- und Abfahrten sind ständig vom Verkehr verstopft, rundherum das übliche Straßengewirr der Brüsseler Innenstadt. Es ist ein Platz zwischen innen und außen – auf der einen Seite geht man in Richtung der großen Shoppingmall und weiter zum Grand-Place, auf der anderen Seite, da wo der Kanal breiter wird, geht es zu Lagerhallen und Wohnvierteln.

Es ist ein Grenzbereich, in mehrfacher Hinsicht. Der sonderbar geformte Stadtteil Brüssel zieht sich hier von den Reiseattraktionen bis hinauf nach Laken, an die Stadtgrenze; auf der einen Seite ist Schaerbeek, auf der andern Molenbeek, die beide nicht im besten Ruf stehen, dem verächtlichen Blick von außen aber schon länger entkommen versuchen. Molenbeek, Schmelztiegel der Zuwanderer, gilt schon seit mehr als 20 Jahren als Keimzelle des Islamismus.

Aus Molenbeek kamen die Waffen, die im Jänner 2015 beim Anschlag auf die französische Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" verwendet wurden. Die Spuren des französischen Jihadisten Mehdi Nemmouche (Terrorangriff auf das jüdische Museum in Brüssel) führten hierher, in Molenbeek hielt sich Ayoub El Khazzani auf, der 2015 im Schnellzug Amsterdam–Paris mit einer Kalaschnikow um sich schoss. Auch nach den Pariser Anschlägen vom November 2015 führte eine Spur nach Molenbeek: Salah Abdeslam, letzter überlebender Terrorist, wurde hier festgenommen. Nach den Bombenanschlägen im März 2016 am Flughafen Brüssel-Zaventem und in der Metrostation Maelbeek gilt Molenbeek weltweit als Symbol für Radikalismus in Belgien – in der Folge bemühte sich der Stadtteil aktiv, das schlechte Image wieder abzuschütteln.

Militärstreifen in den Straßen

Wo genau sich der Attentäter von gestern zuletzt aufhielt, ist noch nicht bekannt. Auch nicht, warum er sich genau den Place Sainctelette dafür ausgesucht hat, das Feuer zu eröffnen. Das Fußballstadion in Laken ist zwar nicht weit weg, aber doch einige Kilometer entfernt, das Spiel würde in knapp zwei Stunden beginnen. Die Stadt Brüssel, deren Bewohner wegen häufiger EU-Gipfel und Nato-Treffen starke Sicherheitsvorkehrungen gewohnt sind, hat die Sicherheitsstufe massiv erhöht. Besonders bei den EU-Einrichtungen, wo etwa das Ratsgebäude selbst für Journalisten gesperrt war. Einige Schulen blieben geschlossen.

Nach den großen Attentaten vor sieben Jahren hatte sich das Bild der Sicherheitsmaßnahmen in der Öffentlichkeit beruhigt. In Straßburg, Paris und anderen französischen Städten gehören Militärpatrouillen seit Jahren fest zum Straßenbild, die schwer bewaffneten Uniformierten waren zuletzt in Brüssel aber nur noch anlassbedingt zu sehen. Das wird sich nun wieder ändern.