Nach der Rede zur Lage der Union von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im September läuteten bei den Tierschützern die Alarmglocken. In der Rede war der Tierschutz nicht erwähnt worden, dabei wollte die Kommission nach dem Sommer ein ambitioniertes Paket für neue, strengere Richtlinien vorlegen. Zunächst schien es, als wäre der Punkt völlig von der Agenda verschwunden. Letzte Woche ließ dann Vizepräsident Maros Sefcovic bei seinem Hearing im Parlament aufhorchen, als er doch noch auf das Thema zu sprechen kam und bis Ende des Jahres einen entsprechenden Vorschlag in Aussicht stellte.
Doch das ist zu wenig, finden Tierschützer, und rufen für morgen zur Demonstration vor der EU-Kommission auf. Dabei wird auch der steirische EU-Abgeordnete Thomas Waitz von den Grünen sprechen. Waitz: „Der Vorschlag liegt fix und fertig in der Lade. Noch vor dem Sommer hat die zuständige Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides versprochen, dass die Kommission das Tierschutzpaket noch dieses Jahr vorlegen und Verbesserungen beim Tiertransport sowie ein Ende der Käfighaltung in Europa einleiten wird.“ Doch nun sei zwar die Reform des Tiertransportgesetzes in Aussicht gestellt, essenzielle Teile des Tierschutzpaketes wie Tierhaltung, Schlachtung und Tierwohlkennzeichnung würden weiterhin zurückgehalten. Waitz: „Das ist inakzeptabel.“
"Ein verheerender Kniefall vor der Agrarlobby"
Das sieht auch Eva Rosenberg, Direktorin von „Vier Pfoten“ in Österreich, so. Ihre Organisation wird morgen an der Demo teilnehmen. Rosenberg hat auch ausgemacht, woher die Verzögerung rühren könnte: „Das Lobbying der mächtigen Agrarindustrie auf dem Rücken der Tiere war offensichtlich erfolgreich und hat zu diesem verheerenden Kniefall geführt. Die EU-Kommission würde einen großen Fehler begehen, die derzeit unzureichenden Richtlinien für Tiertransporte, Tierhaltung und Tierschlachtung nicht zu verbessern. Es geht um nichts weniger als das Schicksal von Milliarden von Tieren.“ Rosenberg verweist auf Umfragen in ganz Europa, wonach sich jeweils eine große Mehrheit für den Tierschutz ausgesprochen habe. Zuletzt sprachen sich 1,3 Millionen Menschen für ein Ende der Käfighaltung aus.
„Vier Pfoten“ fordert sowohl die österreichische Regierung als auch alle heimischen EU-Abgeordneten dazu auf, auf die EU-Kommission Druck auszuüben. Bei der morgigen Veranstaltung in Brüssel soll außerdem ein Videoaufruf der britischen Verhaltensforscherin Jane Goodall gezeigt werden.