Ukraine, Migration, Wettbewerb in Krisenzeiten – die EU-Länder stellen viele neue Anforderungen ans Budget, die ursprünglich nicht vorgesehen waren. Die Kommission verlangt deshalb eine Aufstockung des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) um 66 Milliarden Euro. Österreich hat das im Sommer vorerst einmal abgelehnt. Haben Sie das inzwischen mit Bundeskanzler Nehammer ausdiskutiert?
JOHANNES HAHN: Ich habe kürzlich mit dem Finanzminister gesprochen, aber es gibt keine neuen Signale. Um die Kommissionsposition in einen Kontext zu bringen: Das EU-Budget macht nur 1 Prozent des Bruttonationalprodukts der Länder aus, davon gehen zwei Drittel über die Agrar- und Kohäsionspolitik wieder an die Länder zurück. Mit 7 Prozent Verwaltungskosten bleiben nur etwa 25 Prozent des ohnehin kleinen Budgets über für Entwicklung, Forschung, Migration, Erweiterung und neuerdings auch Verteidigung. Dort brauchen wir Verstärkung, wir haben bewusst die Agrar- und Kohäsionspolitik ausgelassen. In den Mitgliedsstaaten zeigt sich eine kognitive Dissonanz: Man anerkennt die Notwendigkeiten, aber meint, das Geld lasse sich schon irgendwo auftreiben. Da gehört Österreich leider zu den offensivsten.