Die EU-Kommission hat die Sonder-Überwachung von Justiz und Rechtstaat in Bulgarien und Rumänien offiziell beendet. Beide Länder hätten in den vergangenen Jahren wichtige Reformen durchgeführt, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag zur Begründung. Die Kommission werde aber weiterhin wie bei allen anderen EU-Ländern den Zustand des Rechtsstaats regelmäßig untersuchen, hieß es.
Fortschritte in Korruptionsbekämpfung
Seit dem EU-Beitritt 2007 standen in den beiden Ländern Justiz und Rechtsstaat wegen grassierender Korruption und organisierter Kriminalität unter Sonder-Überwachung der EU-Kommission. Bisher gab
es wegen dieser Probleme noch keine Einstimmigkeit unter den Staats-
und Regierungschefs für einen Beitritt zum Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen. Nach Ansicht der EU-Kommission sind Rumänien und Bulgarien aber bereit für eine Mitgliedschaft.
Österreich blockiert Schengen-Beitritt, Rumänien will klagen
Nach der Klagsdrohung Rumäniens, sollte Österreich sein Veto gegen den Schengen-Beitritt des Landes aufrechterhalten, hat Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) die Bedenken Österreichs gegen eine Schengen-Erweiterung bekräftigt. "Das österreichische Schengen-Veto richtet sich nicht gegen Rumänien, sondern gegen ein System, das nicht mehr funktioniert", teilte Edtstadler am Freitag auf APA-Anfrage in einem Statement mit.
Edtstadler zeigte jedoch auch Verständnis für die Haltung Bukarests. "Wir respektieren die Haltung und verstehen die Interessen unseres Partners Rumänien. Zugleich können wir jedoch nicht die Augen verschließen und ein kaputtes System auch noch erweitern", betonte die Europaministerin.
Die EU sei gefordert, "ihre Hausaufgaben zu machen und einen funktionierenden EU-Außengrenzschutz sicherzustellen. Nur sichere Grenzen nach außen ermöglichen unsere Vision eines Europas ohne Grenzen nach innen", so Edtstadler.
Schaden für Rumänien immens
Der rumänische Regierungschef Marcel Ciolacu sagte im Gespräch mit dem "Standard" (Freitag-Ausgabe), falls Österreich erneut sein Veto gegen die Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in den Schengen-Raum einlege, sobald das Thema wieder auf die Tagesordnung kommt, wolle Bukarest Klage einbringen. "Kategorisch, ja", sagte Ciolacu auf eine entsprechende Rückfrage der Zeitung. Der Regierungschef schätzt den Schaden, der Rumänien durch den Nicht-Beitritt zum grenzkontrollfreien Raum entstanden ist, auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am Mittwoch einen Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien "ohne weiteren Verzug" gefordert. Beide Länder hätten bewiesen, dass sie die nötigen Bedingungen erfüllen, sagte sie bei ihrer Rede zur Lage der Union in Straßburg. Ihre Aufforderung dürfte sich vorrangig an Österreich richten, das den Beitritt der beiden Länder weiterhin blockiert. Namentlich nannte von der Leyen Österreich aber nicht.
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) reagierte mit Verweis auf die aktuell steigenden Migrationszahlen in Europa: "Zu so einem Zeitpunkt macht es für mich daher keinen Sinn, über eine Erweiterung des Schengenraums zu sprechen. Wir brauchen mehr und nicht weniger Kontrollen."
Rumänien fordert Überprüfung Österreichs
Die rumänischen EU-Parlamentarier Eugen Tomac und Vlad Botoș™ hatten am Donnerstag außerdem die Europäische Kommission in einem Brief an den für die EU-Sanktionen gegen Russland zuständigen Beauftragten David O'Sullivan aufgefordert, eine Untersuchung zur Einhaltung der Sanktionen durch Österreich einzuleiten. Sie hegten den Verdacht einer möglichen Verletzung der Russland-Sanktionen durch Wien, schrieb Eugen Tomac am Donnerstag auf Facebook.
Die ÖVP-Delegationsleiterin im Europaparlament, Angelika Winzig, bezeichnete die Aussagen ihrer rumänischen Kollegen als "falsch und mehr als entbehrlich. Sie haben mit uns nicht einmal das Gespräch gesucht. Die Aussagen sind weit weg von objektiver Kritik und aufs Schärfste zurückzuweisen. Die österreichische Regierung arbeitet seit Beginn des Ukraine-Kriegs daran, die Gasversorgung zu diversifizieren und hat dabei bereits wichtige Fortschritte erzielt. Dass das kein Prozess ist, der von heute auf morgen beendet ist, war immer klar. Österreich hat auch alle Sanktionen gegen Russland mitgetragen."