Im Brüsseler EU-Viertel wurde wieder protestiert: Demonstranten wandten sich gegen das seit 20 Jahren angestrebte Handelsabkommen der EU mit den vier südamerikanischen Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. "Das Abkommen beutet die Umwelt aus, nimmt keine Rücksicht auf Menschenrechte und bringt die heimische Landwirtschaft unter massiven Druck", so die Umweltorganisation Greenpeace; EU-Abgeordneter Thomas Waitz (Grüne) sprach von einem "Dinosaurier", der nicht für die Herausforderungen der Klimakatastrophe geeignet sei.
Im Ratsgebäude sprach sich auch Bundeskanzler Karl Nehammer einmal mehr gegen Mercosur aus und verwies auf Österreichs Parlamentsbeschluss. Dennoch bekam das Thema beim Lateinamerika-Gipfel neuen Schwung, das Abkommen, das eine riesige Freihandelszone ermöglichen soll, könnte, so hieß es, "noch heuer" unter Dach und Fach kommen. Zuletzt hatte es sich unter anderem daran gespießt, dass die EU weitere Zusagen gegen das Roden von Urwäldern haben wollte, was aber Brasilien zu weit geht. Nehammer räumte aber auch ein, dass Partnerschaften mit den Ländern wichtig seien. So wird am Gipfel eine Absichtserklärung mit Chile beschlossen, bei der es etwa um Rohstofflieferungen und die Zusammenarbeit bei "grünem Wasserstoff" und E-Fuels geht. Nehammer hat mehrere bilaterale Treffen – gestern mit Chiles Präsidenten Gabriel Boric, heute gibt es einen Termin mit Luiz Inácio Lula da Silva (Brasilien).
Kritische Rohstoffe für die EU
Zur Versorgung Europas mit kritischen Rohstoffen wie Lithium stellt die EU den südamerikanischen Ländern Investitionen in Höhe von 45 Milliarden Euro in Aussicht, die bis zu 100 Milliarden bewegen könnten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einer "hochwertigen Investitionsagenda zum Wohle beider Seiten", die auch den Ausbau sauberer Energien und die Verbesserung von Ausbildungs- und Gesundheitssystemen umfasst. Strittig bleibt der Mega-Gipfel beim Thema Ukraine, um das es heute noch gehen wird; einige der lateinamerikanischen Länder, auch Brasilien, lehnen die Sanktionen gegen Russland und die Unterstützung der Ukraine ab.