Österreich galt jahrzehntelang führend bei der Entwicklung von Dieselmotoren. Die heimische Zulieferindustrie ist allerdings stark von den deutschen Autoherstellern abhängig – und dort scheint die Marschrichtung eindeutig zu sein. Der deutsche Volkswagen-Konzern hat bereits angekündigt bei seiner Hauptmarke VW so wie bei Audi keine neuen Verbrennungsmotoren mehr zu entwickeln. Deutschlands Verkehrsminister Andreas Scheuer hatte heuer im März ein Ende des fossilen Verbrenners bis 2035 in Aussicht gestellt. Laut dem deutschen Auto-Experten Ferdinand Dudenhöffer haben auch Autoländer wie Japan, Großbritannien, Frankreich, Spanien oder Kanada bereits Enddaten zwischen 2030 und 2040 für die Verbrennertechnologie festgelegt.
Abgesehen von den Herstellern selbst, die unter dem Druck der Klimaziele handeln, steigt die Politik bei diesem Thema – bildlich gesprochen – noch mehr aufs Gas. Vor allem Österreich. Beim EU-Verkehrsministerrat diese Woche in Luxemburg hat Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne), die ja auch das Umweltressort leitet, gemeinsam mit sechs anderen Ländern darauf gedrängt, dass ein Ausstiegsdatum für Verbrenner definiert wird. Angetrieben wird der Vorstoß von Dänemark.
Das hat im Vorfeld schon für Aufregung gesorgt. Der Autofahrerclub ÖAMTC und mehrere Interessensvertreter urgierten einen Termin bei Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), weil sie fürchten, dass das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Sie forderten Klarheit darüber, „wofür Österreich steht: Für ein Erreichen der Klimaziele, den Erhalt von Beschäftigung und Mobilität durch Technologie-Offenheit - oder für ein Gefährden der Klimaziele, hohe Steuern, Arbeitsplatzverluste und eine Beschränkung der Mobilität durch ein generelles Verbot von Verbrennungsmotoren", so Bernhard Wiesinger, der Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung.
Wirtschaftsverträgliche Maßnahmen
Kurz hatte in Brüssel bereits mehrfach erklärt, dass sich Österreich den Klimazielen und dem „Green Deal“ der Kommission keinesfalls verschließen werde, dass aber alle Maßnahmen wirtschaftlich verträglich sein müssten. In diesem Kontext lief offensichtlich auch das Treffen mit den Interessensvertretern ab. Kurz habe bekräftigt, dass ein Verbot des Verbrennermotors derzeit nicht zur Diskussion stehe. Aus dem Kanzleramt selbst hieß es gegenüber der APA, das Ziel seien "Elektromobilität ohne Atomstrom und Motoren mit synthetischen CO2-neutralen Treibstoffen".
"Wir stehen für die ambitionierten Klimaziele der EU. Am Weg zur Klimaneutralität ist nicht der Motor ist entscheidend, sondern der Treibstoff", erklärte das Bundeskanzleramt nach dem Treffen. Ähnlich hatte sich Vorfeld der ÖAMTC geäußert. In der Folge fordern nun allerdings Umweltschutzorganisationen wie WWF oder Global 2000 ihrerseits einen Termin beim Kanzler. "Der Verbrennungsmotor ist ein Fall für die Geschichtsbücher. Benzin- und Dieselfahrzeuge schaden der Umwelt und unserer Gesundheit. Daher muss die Politik einen Fahrplan für den raschen Ausstieg aus Verbrennern vorlegen, um eine saubere, klimaschonende und wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft zu ermöglichen", erklärten Karl Schellmann vom WWF und Johannes Wahlmüller von Global 2000 in einer Aussendung.
Beim Ratstreffen in Luxemburg kam man auf das Thema jedenfalls zu sprechen. Dabei wurde auch auf ein sogenanntes „non paper“ Bezug genommen, das Österreich und andere Länder schon im März übermittelt haben und in dem ebenfalls auf ein „phase out“-Datum für Benzin- und Dieselmotoren gedrängt wird. Parallel dazu wollen die Länder, dass es auch eine begleitende Gesetzgebung gibt, sowohl auf EU-, als auch auf nationaler Ebene, um in den Mitgliedsländern die Umstellung voranzubringen. So sperren etwa jetzt schon Städte wie Brüssel nach und nach ältere Dieselfahrzeuge aus – ab 2022 darf hier kein Fahrzeug mit Euro-4-Motor oder älter unterwegs sein. Bis zu einem Beschluss über ein generelles Verbot von Verbrennermotoren wird es allerdings noch etwas dauern.