Diesen Punkt möchte der portugiesische Ratsvorsitz unbedingt als abgehakt von der Liste bringen, die Zeit drängt ohnehin: Seit Jahren wird über die künftige gemeinsame Agrarpolitik der EU verhandelt, nun könnte tatsächlich der Durchbruch gelingen. Während gestern noch der EU-Sondergipfel um die möglichst verträgliche Umsetzung der Klimaziele bis 2030 rangelte (minus 55 Prozent bei Treibhausgasen, völlig unterschiedliche Ausgangspunkte zwischen reichen und armen Mitgliedsländern, enorme Auswirkungen auf Industrie und Wirtschaft), hat die Landwirtschaft mit ähnlichen Problemen zu kämpfen – auf Brüsseler Ebene in Form eines weiteren „Supertrilogs“ gestern und heute sowie eines Agrarministerrats parallel dazu heute und morgen.

Österreichs Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat dazu einen Kompromissplan vorgelegt, der einen der umstrittensten Punkte betrifft. Knackpunkt bei den Verhandlungen ist das sogenannte „Ökoschema“ – jener Teil der Förderungen, der von der Umweltfreundlichkeit der Betriebe abhängt. Die Mitgliedsstaaten wollten bisher 20 Prozent, das strengere EU-Parlament 30 Prozent. Der Vorschlag aus Österreich ist die goldene Mitte: 25 Prozent beim Ökoschema, das heißt, mindestens 25 Prozent der Direktzahlungen sollen an Klima- und Umweltleistungen gekoppelt werden.

„Wir brauchen Planungs- und Rechtssicherheit für unsere Bäuerinnen und Bauern. Wenn wir jetzt den Schritt in Richtung 25 Prozent gehen, dann ist eine Einigung in den nächsten Tagen möglich“, zeigt sich Köstinger im Gespräch mit der Kleinen Zeitung optimistisch. Das wäre ein Meilenstein in der europäischen Agrarpolitik, so Köstinger: „Österreich zeigt seit Jahren vor, wie es gehen kann, wir sind Vorbild in ganz Europa. Die Verankerung von 25 Prozent wäre ein großer Durchbruch.“

Milliarden für die Landwirtschaft

Allein in der „1. Säule“ würden damit 72,8 Milliarden Euro in den nächsten fünf Jahren in Klima- und Umweltmaßnahmen in der Landwirtschaft fließen. In der „2. Säule“ gilt das österreichische Agrarumweltprogramm als Vorreiter in der EU – die Alpenrepublik hat den höchsten Anteil an Biolandwirtschaft. Für österreichische Bauern hieße das: Sie würden an Direktzahlungen jährlich 647 Millionen Euro an EU-Mitteln bekommen sowie rund 585 Millionen Euro aus dem Bereich "Ländliche Entwicklung".

In den 70er-Jahren standen noch mehr als 70 Prozent des gesamten EU-Budgets für Landwirtschaft zur Verfügung, inzwischen sind es nur noch 31 Prozent – aber immer noch 387 Milliarden Euro im laufenden Haushalt.
In einem anderen Punkt hat sich Österreich bereits durchgesetzt; wie berichtet, ging es dabei um die Koppelung von Förderungen an die Einhaltung von Sozial- und Arbeitsrechten. Statt strikter Verknüpfung mit den Vorgaben laut portugiesischem Vorschlag fand sich eine Mehrheit, die auf freiwillige Maßnahmen und Info-Kampagnen setzt.

Sehr zum Missfallen von Sozialdemokraten und Grünen. Letztere üben auch Kritik am Verhandlungsstand, so der steirische EU-Abgeordnete Thomas Waitz: „Von einer Reform oder gar einem Beitrag zum Green Deal ist keine Spur. Die Mitgliedstaaten versuchen weiterhin, der Agrarindustrie das Steuergeld zuzuschanzen und sich keinen Zentimeter zu bewegen. Es wird weder ausreichende Verbesserungen für die klein- und mittelständischen Landwirtschaftsbetriebe geben noch eine adäquate Förderung von Natur- und Klimaschutz.“
Es sei zu befürchten, so Waitz, dass wieder Milliarden „in den Taschen von Großbetrieben und Oligarchen landen und das Bauernsterben weitergeht“.

Grüne bleiben bei 30-Prozent-Forderung

Von Seiten der Grünen heißt es, weder die Position des Parlaments, noch des Rats oder der ursprüngliche Vorschlag der Kommission seien zufriedenstellend. Die Europaparlaments-Position sei durch den konservativen und liberalen Flügel mit der Unterstützung der Sozialdemokratie extrem geschwächt worden. Die Grünen fühlen sich zudem systematisch aus Verhandlungen ausgeschlossen, sodass die Grünen Schattenberichterstatter oft wenig bis keine Informationen
erhielten. Die Grünen bleiben bei ihrer Forderung, mindestens 30 Prozent dem "Ökoschema" zuzusprechen.