43 Spezialagenturen leistet sich die EU, von Frontex bis zur Europol, vom ECDC bis zur EFSA, aufgeteilt auf 23 der 27 Mitgliedsstaaten. Nun hat sich der Europäische Rechnungshof mit Sitz in Luxemburg der Gebarung und der Arbeit 41 dieser Agenturen angenommen, für die immerhin ein jährlicher Betrag von vier Milliarden Euro zur Verfügung steht. Fast 9000 Mitarbeiter gibt es dort. Diese Agenturen wurden fast immer dann gegründet, wenn es eine spezielle Anforderung in der EU gab, die über die Kommission allein nicht ausreichend abgewickelt werden konnte. So ist Frontex eines der bekanntesten Beispiele, die Einrichtung ist für Migration und Grenzschutz zuständig. Wien ist der Sitz der FRA, der Europäischen Agentur für Grundrechte. Der Versuch, die aus London abgezogene Arzneimittelagentur nach Österreich zu holen, scheiterte zugunsten der Niederlande.
Die gute Nachricht: an der finanziellen Gebarung hatten die Prüfer nichts auszusetzen, lediglich in zwei Fällen (ACER, Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, und EASO, Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen) stieß man auf Problembereiche. „Die Jahresrechnungen aller Agenturen genügen den Anforderungen“, hält dazu Alex Brenninkmeijer, das für den Bericht zuständige Mitglied des Rechnungshofes, fest. Er hat aber auch eine Anregung: „Wir schlagen vor, die Zusammenarbeit der Agenturen zu verstärken, um sie zu Kompetenz- und Netzwerkzentren der EU auszubauen.“
Die Prüfer beschäftigten sich mit der Frage, ob der Lebenszyklus der Agenturen flexibel genug gestaltet ist, um dem jeweiligen EU-Politikbereich und der europäischen Zusammenarbeit in einem sich wandelnden globalen Umfeld gerecht werden zu können. Und sie stellten fest, dass es in Bezug auf die Errichtung, Arbeitsweise und gegebenenfalls Auflösung von Agenturen an Flexibilität fehlt. „In einigen Politikbereichen sind mehrere Agenturen tätig, wodurch es zu Überschneidungen zwischen ihren Aufträgen und/oder Tätigkeiten kommen kann“, heißt es in dem Bericht.
Potenzial nicht immer ausgeschöpft
Auch das Potenzial an sich werde nicht in vollem Umfang ausgeschöpft, das bezieht sich vor allem auf die Funktion als Kompetenz- und Netzwerkzentren, um die EU-Politik umsetzen zu können. Doch das Pendel der Prüfer schlägt auch in die andere Richtung aus: einige der Agenturen hätten ihre Aufgaben besser erfüllen können, wenn sie von den Mitgliedstaaten, der Industrie, der Kommission oder anderen Agenturen mehr Unterstützung erhalten hätten. Schließlich stellten die Kontrollore fest, dass der Beitrag der Agenturen zur EU-Politik und zur europäischen Zusammenarbeit zwar relevant ist, jedoch nicht eindeutig gemessen und der Öffentlichkeit kommuniziert wird. Die internationale Wirkung sei – trotz einiger guter Ergebnisse etwa in den Bereichen Flugverkehr und justizielle Zusammenarbeit – ebenfalls begrenzt.
Letzten Endes gibt es auch gravierende Unterschiede beim Einsatz der Mittel. Während einige Agenturen „unzulängliche Personal- und Finanzressourcen“ aufweisen oder nach Ansicht der Prüfer in kritischen Bereichen zu stark von externen Auftragnehmern abhängen, können andere ihre jährlichen Mittel gar nicht – oder nicht schnell genug – ausschöpfen. Beispiele dafür sind zwei Agenturen, die auch in den Medien sehr präsent sind: Die Europäische Gesundheitsagentur ECDC mit Sitz in Stockholm hat im Zuge der Covid-Krise wohl größeren Aufholbedarf, die Asyl- und Grenzschutzagentur Frontex mit Sitz in Warschau wurde zuletzt aus politischen Gründen hochgefahren, kann aber nicht alles sofort umsetzen.
In der Antwort von Frontex auf die Feststellungen des Rechnungshofes (die Differenz zwischen dem ursprünglichen Gesamtbudget von Frontex und den tatsächlichen Ausgaben habe 2016 10,3 %, 2017 8,9 % und 2018 11,3 % betragen) wird darauf hingewiesen, dass die Haushaltsmittel von Frontex im Bereich der Rückkehr nicht ausschließlich der Unterstützung von Rückkehraktionen dienen würden: „Seit 2016 umfasst das Mandat für Rückführungen auch Maßnahmen zur Vorbereitung der Rückkehr." Alle von Frontex unterstützten Rückkehraktionen und Maßnahmen im Zusammenhang mit der Rückkehr hängen in hohem Maße von den Ad-hoc-Ersuchen der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines kurzfristigen Bedarfs ab (zumeist abhängig vom tatsächlichen Vorhandensein von Rückkehrern). Erst im Jahr 2019 habe sich der Trend umgekehrt.