Es war wie eine Fernsehshow; wie vor dem Songcontest, wenn in die Teilnehmerländer geschaltet wird und sich jedes von seiner besten Seite präsentiert. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen moderierte die Video-Geberkonferenz, mit der Geld für die Forschung gesammelt werden soll. Für Medikamente, Tests und Impfstoffe. Rechts unten eingeblendet der jeweilige Spendenstand – die erste Milliarde von der EU selbst eingebucht.
Von einer Küste zur anderen, von einem Erdteil zum nächsten wurde geschaltet und die Liste jener, die in die Brieftasche greifen, geriet sehr lang. Angela Merkel und Emmanuel Macron (zahlen jeweils mehr als 500 Millionen ein) so wie alle anderen EU-Staats- und Regierungschefs, Boris Johnson (Großbritannien), Justin Trudeau (Kanada), Tawfiq bin Fawzan Al-Rabiah (Saudi Arabien, als Sprecher der G-20), Melinda Gates für die Gates-Stiftung, Recep Erdogan, Benjamin Netanyahu, Prinz Albert von Monaco und viele mehr, von Japan bis Australien, von Südafrika bis Mexiko. Österreich, vertreten von Sebastian Kurz, sagte rund 31 Millionen Euro zu. Nicht dabei, wenig überraschend: die USA. China war dabei, ein eigener Sprecher Russlands fand sich nicht im Reigen. Das Ziel, 7,5 Milliarden Euro, wurde fast erreicht, 7,4 Milliarden waren es am Ende. Ein verhältnismäßig moderater Betrag für den Erdball, der erkennen lässt, dass es im Grunde um mehr ging als Geld.
Ursula von der Leyen nahm an diesem langen Nachmittag jene Rolle ein, die der EU am ehesten zupasskommt. Es ist die des Moderators, des aktiven und bemühten Gastgebers für den Rest der Welt, der darauf achtet, dass nicht alles noch weiter in Schieflage gerät. Die Videoshow bot eine imposante Bühne für Solidarität; zum einen muss die Weltgemeinschaft aus eigenem Interesse darauf achten, dass die armen Länder nicht zurückgelassen werden. Simonetta Sommaruga, Schweizer Bundespräsidentin, sagte es so: "Was hilft es, wenn wir Menschen retten, um sie dann der Armut und dem Hunger zu überlassen?" Zum anderen ist allen klar, dass auf der Suche nach Medikamenten und Impfstoffen kein rivalisierender Wettlauf der Nationen gegeneinander entstehen soll. Miteinander heißt das Wort der Stunde, an einem Strang ziehen statt jeder für sich. Ausdrücklich, Donald Trump zum Trotz, wurde die Arbeit der WHO begrüßt und finanziell unterstützt, zum Teil beachtlich. Irlands Premier Leo Varadkar etwa erklärte, dass sein Land die WHO-Beiträge vervierfacht habe.
Wer früher, wer später?
Emmanuel Macron, dessen Land allerdings selbst gerade Ausfuhrbeschränkungen für gewisse Arzneistoffe ausgeweitet hat, sagte den Kernsatz: „Wer einen Impfstoff findet, wird nicht leer ausgehen. Aber das Mittel muss ein öffentliches Gut werden und muss allen weltweit zugänglich sein.“ Das betrifft natürlich auch die kommenden Jahre, wenn es wirklich gelingen sollte, die Forschung ans Ziel zu bringen. Lizenzen und Patente, die Herstellung und der Vertrieb von Impfmitteln und Medikamenten darf nicht in Monopolen münden, die sich ein wesentlicher Teil der Welt dann schlicht nicht leisten kann. Dazu kommen auch die enormen Mengen der nötigen Produkte - wer bekommt sie früher, wer später?
Darum ging es bei der großen Show: Das Bündeln und Kanalisieren der Forschungsarbeit, vor allem aber die globale Einigkeit darüber, dass die Pandemie eine globale Antwort braucht. Im Hintergrund laufen nach wie vor Bemühungen, auch die störrische USA noch an Bord zu holen. Wenn auch mit Argwohn: Der Versuch Donald Trumps, ein in der Entwicklung führendes deutsches Unternehmen mit viel Geld quasi aus dem Markt zu kaufen, ist den Europäern noch sehr präsent.