Die erste Auslandsreise als wiederbestellter Außenminister führte Alexander Schallenberg nach Brüssel – zu einem Nah-Ost-Krisentreffen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg unterstützte dort gleich zu Beginn die Annahme, dass das ukrainische Passagierflugzeug aus Versehen abgeschossen worden war und berief sich dabei auf die Daten mehrerer Nato-Partner.
Bei der Sondersitzung riefen die EU-Länder zur Deeskalation auf. Schallenberg machte dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell und dem Rat einen Vorschlag, wonach die EU neue „Dialogkanäle“ aufbauen solle: „Wenn die Parteien nicht zum Verhandlungstisch wollen, bringen wir den Verhandlungstisch zu ihnen.“ Auf die Frage, ob Wien als neuerlicher Ort eines Dialoges infrage komme, entgegnete der Minister, dass es darum nicht gehe. Vordergründig sei, dass die Parteien "miteinander reden". Gleichzeitig forderte Schallenberg eine Ende der "Gewaltspirale", der Konflikt am Persischen Golf sei derzeit jedenfalls eine große Gefahr. Der österreichische Außenminister schlägt die sofortige Entsendung einer politisch hochrangig besetzten Mission nach Teheran und Washington vor.
Bekenntnis zum Wiener Atomabkommen
Das im Juni 2015 in Wien ausverhandelte Atomabkommen aufzugeben, wie von US-Präsident Donald Trump immer wieder gefordert, hält der Außenminister für "völlig verfehlt". Er bedaure, dass sich die USA und der Iran immer mehr davon distanzierten. "Wir stehen zum Atomabkommen." Mehrere Minister aus EU-Mitgliedsländern forderten Teheran auf, sich nicht vom Abkommen zurückzuziehen.
Indessen verhängten die USA neue Sanktionen gegen den Iran, die vor allem den Stahl- und Eisensektor betreffen; weitere gegen das Bau- und Textilgewerbe sind in Vorbereitung. Unter anderem würden mehr als ein Dutzend der größten Stahl- und Eisenproduzenten im Iran mit Sanktionen belegt. Auch einzelne Produzenten von Aluminium und Kupfer würden ins Visier genommen. Damit werde das iranische Regime von Einnahmen in Milliarden-Höhe abgeschnitten. "Diese Sanktionen bleiben bestehen, bis das Regime damit aufhört, globalen Terrorismus zu fördern, und bis es sich verpflichtet, niemals Atomwaffen zu haben."
Gleichzeitig zeigte sich Donald Trump gesprächsbereit für ein neues Atomabkommen. US-Präsident Donald Trump habe erneut die Tür für die Diplomatie geöffnet, sagte der Iran-Sondergesandte im US-Außenministerium, Brian Hook am Freitag in Brüssel. Trump wolle ein neues Atomabkommen mit dem Iran erzielen, um die Differenzen zwischen den beiden Ländern zu überwinden. "Und wir laden den Iran ein, dasselbe zu tun und unserer Diplomatie nicht mit militärischer Gewalt zu begegnen."
Brennpunkt Libyen
Zweites großes Thema war die Libyen-Krise, in der sich die EU gespalten zeigt. Borrell nannte Vorschläge zur Umsetzung der Waffenruhe und zur Kontrolle des Waffenembargos, eine Sonderrolle ist Deutschland bzw. dessen Außenminister Heiko Maas zugedacht. Dieser solle dem EU-Außenbeauftragten zufolge bei den Libyen-Gesprächen die EU-Außenminister in ihrer Gesamtheit vertreten, hieß es. Die deutsche Bundesregierung bemüht sich im sogenannten Berliner Prozess seit Monaten um eine politische Lösung für Libyen. Zuletzt stellte Maas eine Konferenz mit internationalen Konfliktparteien für die kommenden Wochen in Aussicht. Für das deutsche Engagement zu Libyen und die Arbeit des UN-Sonderbeauftragten Ghassan Salamé gab es den Angaben zufolge im Außenministerrat einhellige Unterstützung.
Maas hatte am Beginn der Sondersitzung davor gewarnt, Libyen könnte zu einem "zweiten Syrien" werden, wenn nicht schnell eine Lösung gefunden werde. Der finnische Außenminister Pekka Haavisto appellierte an die Mitgliedsstaaten, Libyen vereint beizustehen. Es sei wichtig, eine "gemeinsame Botschaft" auszusenden. Ein Krieg in Libyen sei eine "Gefahr für uns alle".
Migrationsrouten
In Libyen herrscht seit dem Sturz und gewaltsamen Tod des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 Chaos. Die international anerkannte Regierung von Ministerpräsident Fayez al-Sarraj gerät durch Gebietsgewinne der Truppen des abtrünnigen Generals Khalifa Haftar, der von der Gegenregierung im Osten des Landes unterstützt wird, zunehmend unter Druck. Haftar wird unter anderem von Russland, Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt. Sarraj wird neben der Türkei auch von Katar und Italien unterstützt.
Die Türkei hatte am Sonntag mit der Entsendung von Truppen nach Libyen begonnen, nachdem Sarrajs Regierung formell um militärische Unterstützung gebeten hatte.
Stabilität in Libyen ist für Europa besonders wichtig, da durch das krisengebeutelte Land eine der wichtigsten Migrationsrouten - über das Mittelmeer - in die EU führt. Das jahrelange Machtvakuum führte zudem zur Ausbreitung islamistischer Milizen.