Nach einer Phase einer früheren österreichischen (ÖVP-FPÖ-)Regierung mit den "extremen Rechten", die komplizierter gewesen sei, habe Österreich nun eine neue "fortschrittliche, pro-europäische Regierung", sagte De Montchalin. Sie begrüßte den Einsatz der türkis-grünen Regierung für Klimaschutz, sogar bis 2040. Das Programm der österreichischen Regierung gehe zudem sehr konkret auf die großen Fragen der europäischen Politik ein.
"Es ist wichtig, glaube ich, dass Österreich wieder seinen Platz in der europäischen Debatte findet", so die französische Europaministerin. Österreich sei in mehreren Räumen "im Herzen Europas", so etwa im deutschsprachigen, mit der Nähe zum Balkan und zu Mittel- und Osteuropa.
Edtstadler betonte, sie suche den Kontakt zu allen EU-Mitgliedstaaten, Frankreich sei allerdings "ein ganz wesentlicher Player" in der EU. Sie selbst sei "frankophil", sagte Edtstadler, die zwei Jahre in Straßburg gelebt hat und große Teile des Gesprächs mit De Montchalin auf Französisch führte. "Ich liebe Frankreich, ich liebe Paris. Es war immer ein Traum von mir, in Frankreich zu leben", sagte die österreichische Europaministerin in der Sprache Molières.
Themen der Unterredung mit Edtstadler seien unter anderem die EU-Erweiterung und der nächste EU-Finanzrahmen von 2021 bis 2027 gewesen. "Frankreich blockiert nicht", versicherte De Montchalin. Präsident Emmanuel Macron wolle mit der Reform des Beitrittsverfahrens vielmehr wieder mehr Glaubwürdigkeit und Vertrauen herstellen, damit bereits eingeleitete Reformen in den Kandidatenländern nicht wieder rückgängig gemacht würden.
Edtstadler sagte, Österreich unterstütze den Vorschlag Frankreichs, den Reformprozess effizienter zu machen. Nordmazedonien und Albanien sollten aber möglichst bald Beitrittsgespräche aufnehmen können, ohne dass es zu weiteren Verzögerungen komme. Auch von Frankreich sei das Ziel genannt worden, dass bis zum EU-Gipfel im März ein Lösungsvorschlag auf dem Tisch liege, sagte Edtstadler.
In Hinblick auf das EU-Mehrjahresbudget bekräftigte Edtstadler die Position Österreichs, dass der EU-Haushalt die bisherigen ein Prozent der Wirtschaftsleistung nicht übersteigen sollte, da es um Steuerzahlergeld gehe. De Montchalin zeigte sich dagegen offen für eine Aufstockung des EU-Budgets, diese müsse aber nicht massiv sein. Die französische Europaministerin plädierte zudem für neue Einnahmequellen für die EU, etwa durch eine Digitalsteuer oder eine Plastikabgabe. Beide Länder seien sich einig, dass der Klimaschutz im Herzen des EU-Budgets stehen sollte, sagte sie.
Edtstadler sprach auch die im Regierungsprogramm verankerte Forderung nach einem neuen Vertrag für Europa an, der Subsidiarität - die Abgrenzung von Zuständigkeiten - klarer regeln sollte. Derzeit gebe es in der EU überbordende Regelungen. Die EU als Solidar- und Verantwortungsgemeinschaft müsse aber Regeln haben, die von allen eingehalten werden. De Montchalin sagte, eine Vertragsänderung sei "kein Tabu", doch auch kein Selbstzweck, es gehe um ein besseres Funktionieren Europas. Frankreich wolle rasche Ergebnisse von der geplanten EU-Reformkonferenz zur Zukunft Europas.