Die Grünen wollen bei der Nationalratswahl das "größte politische Comeback der Zweiten Republik" schaffen. Diese Devise gab Spitzenkandidat Werner Kogler beim offiziellen Wahlkampf Samstagnachmittag in Wien aus. In seiner Rede sparte der Bundessprecher nicht mit Kritik an der ÖVP, kündigte aber auch an, "offensiv" in mögliche Gespräche nach der Wahl gehen zu wollen.
Dies passte gut zur Ansage von Stargast Robert Habeck. Denn der Chef der Deutschen Grünen hatte in seiner Rede die Volkspartei aufgefordert, die "Flanke zur FPÖ dicht zu machen" und nicht mehr mit den "Rechtspopulisten" zu regieren.
Freilich sind für Kogler die Türkisen mittlerweile selbst die "Rechtspopulisten", an denen er sich wortreich abarbeitete, während er die "rechtsextreme" FPÖ kaum einer Erwähnung wert fand. Vor allem in Sachen Parteienfinanzierung wusste der Grünen-Chef einiges an der ÖVP auszusetzen. Gäbe es hier schon entsprechende Straftatbestände, müsste sich der halbe Vorstand der Volkspartei im "Häfen" treffen. Wörtlich sprach Kogler von einer "moralischen Devastiertheit" der Regierungspartei.
Nichtsdestotrotz will er nach dem Urnengang Gespräche mit der Volkspartei über eine Zusammenarbeit nicht verweigern sondern sie offensiv angehen, "auch wenn die Chancen sehr gering sind". Aber möglicherweise sei die ÖVP resozialisierbar: "Es ist nie zu spät zur Umkehr."
Wiewohl das nasskalte Wetter eher in Richtung Eiszeit deutete, war die Klimaerwärmung das inhaltlich bestimmende Thema bei der einstündigen Auftaktveranstaltung zwischen Natur- und Kunsthistorischem Museum Es gelte Umweltschutz, Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit unter einen Hut zu bringen: "Diese Mischung kriegt man nur von den Grünen", versicherte Kogler und warf neben der ÖVP auch der SPÖ vor, tragischerweise immer auf der falschen Seite zu stehen, so jetzt auch beim Klimaschutz.
Habeck, der sich freute, "Krafttank" Kogler unterstützen zu dürfen, betonte ebenfalls die Dringlichkeit von Klimaschutz-Maßnahmen: "Das ökologische Korsett wird immer enger. Wir können nicht länger auf Zeit spielen." Die Listenzweite der österreichischen Grünen Leonore Gewessler, die von der Umweltschutzorganisation Global 2000 zu den Grünen gekommen war, forderte, dass man aufhören müsse, die Zukunft zu betonieren und stattdessen Schienen in die Zukunft zu legen.
Ebenfalls auf die Bühne geholt wurde eine weitere Quereinsteigerin, Sibylle Hamann. Sie übernahm im Wesentlichen den Part zu schildern, wie schrecklich alles unter Türkis-Blau gewesen sei. Die Polizisten seien auf rechtsextremen Websites gesucht, gegen Ausländer sei gehetzt und das Land sei zubetoniert worden, so die Listendritte, die vor ihrem Polit-Einstieg als Journalistin gearbeitet hatte.
Die Massen waren angesichts des strömenden Regens nicht auf den Maria-Theresien-Platz gekommen, der Besuch war für die Wetterverhältnisse aber durchaus passabel. Im Publikum fanden sich nicht nur die meisten der prominent gereihten Kandidaten, sondern auch Größen der Vergangenheit wie Ulrike Lunacek, die als Spitzenkandidatin den Rausflug der Grünen aus dem Nationalrat mit zu verantworten hatte.