Das diesjährige Europäische Forum Alpbach hat sich als Generalthema "Freiheit und Sicherheit" gewählt. Heute begannen im Rahmen des Forums die Gesundheitsgespräche (bis 20. August). Im Gesundheitswesen geht es aktuell immer mehr um die Finanzen. Auf Solidarität und mehr gleiche Chancen pocht hingegen US-Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz anlässlich seiner Eröffnungsrede.
"Wachsende Ungleichheit" sei das Problem in der Gesellschaft. Das gelte insbesondere für Gesundheit bzw. Gesundheitswesen, die vielfältige Konsequenzen auf die politische Situation insgesamt hätten, betonte Stiglitz. "Die Vereinigten Staaten sind hier ein Paradebeispiel und bieten ein Lehrstück, was man tun muss, damit die Sache schiefgeht."
In den USA betrug der Anteil der Gesundheitsausgaben im Jahr 2017 am Bruttoinlandsprodukt 17,9 Prozent (Österreich: 10,3 Prozent, Schweiz: 12,3 Prozent, Deutschland: 11,3 Prozent; EU-28-Durchschnitt: 9,6 Prozent). Doch selbst dieser weltweit höchste Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP in den USA wirke sich nicht entsprechend positiv aus. Stiglitz: "Die wachsende Ungleichheit führte in Sachen Gesundheit zu einem enormen Verunsicherung der Menschen in der Gesellschaft." Dies wurde und werde in betroffenen Ländern schließlich auch zu einem politischen Problem.
Wachsende Ungleichheit, steigender Populismus
Die Wahlerfolge demagogisch agierender Populisten seien die Konsequenz. Dies gelte derzeit insbesondere für die USA mit dem Erfolg Donald Trumps. "Das war vorhersehbar. Die wachsende Ungleichheit hat die Bühne für den Populismus bereitet", sagte der Wirtschaftsnobelpreisträger des Jahres 2001.
Die Folgewirkungen von wachsender Ungleichheit und damit Benachteiligung eines erheblichen Teils der Bevölkerung eines Landes seien aber noch tiefer gehend, was die gesamte Gesellschaft betreffe, erklärte Stiglitz: "Das untergräbt, was die Aufklärung geschaffen hat - ein Prinzip der Ernsthaftigkeit, der wahren Darstellung von Sachverhalten und die soziale Verantwortung im Rahmen einer Demokratie." Die "alten Eliten" seien noch mit diesen traditionellen Werten aufgewachsen und mit ihnen verbunden. Der Neoliberalismus der vergangenen 40 Jahre habe das aber weitgehend beseitigt.
Eine der Konsequenzen der Ungleichheit in der Gesellschaft sei aber auch, dass mangelhaft gebildete Menschen schließlich auf Populisten und deren Demagogie hereinfielen. "Menschen wie Trump fördern noch dazu eine Politik, die gerade den Benachteiligten schadet", sagte Stiglitz. Auch dieses Paradoxon sei typisch.