Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Notwendigkeit bekräftigt, beim EU-Sondergipfel am Sonntag einen Durchbruch bei der Besetzung europäischer Spitzenjobs zu erzielen. Die Nominierungen müssten erfolgen, sonst drohe "ein Zyklus institutioneller Funktionsstörung", sagte Macron vor Journalisten bei seinem Japan-Besuch zum G20 Gipfel in Osaka.
Spätestens Montag früh soll es dann "drei Namen" für die Posten geben, deren Besetzung von den EU-Staats- und Regierungschefs abhänge. Dies wären der EU-Kommissionspräsident, der Ratspräsident und der EU-Außenbeauftragte.
Die österreichische Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein geht "ergebnisoffen" in die Sitzung am Wochenende. Wichtig sei die Ausgewogenheit.
Bei ihrem Gipfel vergangene Woche hatten sich die EU-Staats- und Regierungschefs nicht auf einen Kandidaten für den zentralen Posten des EU-Kommissionschefs einigen können. Macron und weitere Staats- und Regierungschefs machten zudem bereits klar, dass sie die Spitzenkandidaten der Parteien bei der Europawahl aus dem Rennen sähen.
Keine Einigung der Großen
Die Konservativen und Sozialdemokraten als stärkste Fraktionen im Europaparlament pochten danach jedoch weiter drauf, dass nur ein Spitzenkandidat Nachfolger von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker werden kann. Für die konservative Europäische Volkspartei (EVP) ist das der CSU-Politiker Manfred Weber und für die Sozialdemokraten der Niederländer Frans Timmermans.
Macron machte aber schon vor Wochen klar, dass er Weber wegen fehlender Regierungserfahrung nicht für geeignet hält. Die Sozialdemokraten hätten nach dem Gipfel deshalb versucht, Timmermans als Juncker-Nachfolger ins Spiel zu bringen, hieß es von mit den Verhandlungen befassten Vertretern. Die EVP sei bereit, darüber zu diskutieren, wenn sie dafür die Posten des Ratspräsidenten und des Parlamentspräsidenten bekomme.
"Trostpflaster" für Weber
Weber könne dann als "Trostpflaster" zwei Amtszeiten als Parlamentspräsident von insgesamt fünf Jahren bekommen, hieß es. Die Liberalen als drittstärkste Kraft im Europaparlament erhielten den Angaben zufolge in diesem Szenario den Posten des EU-Außenbeauftragten.
Noch sei aber nichts vereinbart, hieß es von den Beteiligten. Widerstand gegen den früheren niederländischen Außenminister Timmermans als Juncker-Nachfolger gibt es jedoch bei mindestens fünf Ländern: Italien sowie den vier Visegrad-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei.
Chance für Timmermans
Allerdings kämen diese Länder nicht auf eine Sperrminorität. Nötig für den Vorschlag der Staats- und Regierungschefs sind 21 der 28 EU-Länder, die für 65 Prozent der Bevölkerung stehen.
Nimmt Timmermans die Hürde im EU-Rat der Mitgliedstaaten, dürfte er keine Probleme haben, im Parlament mit den Stimmen von Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen gewählt zu werden, hieß es weiter. Frankreich, dessen Regierungspartei zum liberalen Lager zählt, werde sich dem nicht entgegenstellen, wenn es dadurch Zugriff auf den gleichfalls freiwerdenden Posten des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) bekomme.
Vestager als Reserve
Sollte Timmermans scheitern, werde nochmals die Kandidatur der Liberalen Margrethe Vestager um die Juncker-Nachfolge geprüft, hieß es aus den Verhandlungskreisen weiter. Derzeit blockiere aber die EVP die Forderung der Sozialdemokraten, dann den Posten des Ratspräsidenten zu bekommen, diese Option. Denn für die EVP als stärkster Parlamentsfraktion bliebe dann keines der beiden wichtigen EU-Ämter.
Kommt kein Spitzenkandidat zum Zug, will die EVP den Angaben zufolge einen "externen" Kandidaten vorschlagen. Die vier Visegrad-Länder haben bereits erklärt, sie würden die Nominierung des Brexit-Unterhändlers Michel Barnier unterstützen. Dies werde aber von Deutschland kategorisch abgelehnt, sagte einer der Verhandler. "Frankreich hat die Kandidatur von Manfred Weber gekillt, da kann Deutschland nicht zulassen, dass ein Franzose ernannt wird."